Aktuelle Meldungen

16.08.2022

Einflug von Taubenschwänzchen

Taubenschwänzchen
Dieses Jahr gibt es einen Taubenschwänzchen-Einflug in NRW (© Darius Stiels)

Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) sind Nachtfalter. Sie gehören zur Familie der Schwärmer (Sphingidae) und sind Wanderfalter, die regelmäßig im Sommer in Mitteleuropa auftauchen. Seltener ist die Art auch in anderen Monaten in NRW anzutreffen. Die Falter besuchen häufig blütenreiche Gärten und Balkons. Selbst in Innenstädten sind sie an rötlichen oder violett blühenden Zierpflanzen anzutreffen. Aufgrund ihres schwirrenden Fluges erinnnern sie manchmal an Kolibris. Immer mal wieder gibt es auch bei uns Anfragen zu vermeintlichen Kolibrisichtungen, aber Vertreter dieser Vogelgruppe können nur in Nord- und Südamerika beobachtet werden.

In diesem Jahr gibt es offensichtlich einen auffälligen Taubenschwänzchen-Einflug nach West- und Mitteleuropa. So berichtet der British Trust for Ornithology (BTO), dass in diesem Jahr bisher im Juli und August viermal mehr Taubenschwänzchen als in anderen Jahren in untersuchten Gärten beobachtet wurden (englische Pressemitteilung des BTO). Wer auf observation.org Karten von 2021 mit 2022 vergleicht, wird sehen, dass es auch in NRW in diesem Jahr deutlich mehr Meldungen gibt. Die Ursache für das verstärkte Auftreten ist nicht gänzlich klar, aber die lange anhaltenden warmen Windströmungen aus dem Mittelmeerraum dieses Jahr dürften den Einflug gefördert haben. Mildere Winter könnten alternativ auch zu vermehrten Überwinterungen führen.

Weitere Informationen zu Taubenschwänzchen und anderen Schwärmern gibt es in unseren FAQs. Eigene Taubenschwänzchen-Feststellungen in NRW können auf observation.org gemeldet werden.

 

 

15.08.2022

Aktuelle Hinweise zur Suche nach Mornellregenpfeifern

Mornellkarte
Mornellregenpfeifer-Beobachtungen in NRW aus ornitho 2020-2021 (ornitho-regioportal)

Jetzt im Spätsommer, etwa zwischen Mitte August und Mitte September, ist es wieder so weit: Eines der spannendsten Phänomene des Vogelzugs im Binnenland Mitteleuropas lässt sich nun wieder beobachten. Auf frisch gegrubberten Äckern, oft in Kuppen- oder auf leicht südwestexponierten Hängen rasten an traditionellen Plätzen wieder Mornellregenpfeifer. Die besten Chancen bestehen meist früh morgens, bevor das Flimmern der Luft die Sicht deutlich einschränkt. Überfliegende Vögel werden oft anhand ihrer Rufe entdeckt. In NRW gibt es zwei recht gut bekannte Rastplätze, der eine befindet sich in der Hellwegbörde, der andere in der Zülpicher Börde. Auch in anderen Regionen Deutschlands gibt es vor allem in den Mittelgebirgen einige bekannte Rastplätze. Erfahrungsgemäß sind jetzt wieder viele Beobachter*innen unterwegs. Wer unterwegs ist, sollte einige Hinweise beachten, denn immer wieder kommt es zu Störungen der Vögel oder auch zu Konflikten mit der Landwirtschaft. Fast überall gilt Wegegebot, Feldwege dürfen nicht zugeparkt werden (und oft auch nicht befahren werden). Vor allem aber hat das Wohlergehen der Vögel immer Vorrang. Mornells gelten zwar als wenig störempfindlich, aber das muss keineswegs immer gelten - wenn sich die Vögel von Beobachter*innen wegbewegen, sind diese wahrscheinlich doch zu nah. Ein kräftezehrendes Auffliegen sollte unbedingt vermieden werden. Große Menschenansammlungen stören unter Umständen mehr als einzelne Beobachter*innen - vielerorts bitten lokale Ornis und auch Biologische Stationen darum, die Vögel punktgenau und geschützt in ornitho einzutragen bzw. gezielte Suchen vorher abzusprechen! Wer unsicher ist, kann sich ggf. bei seinen ornitho-Regionalkoordinator*innen erkundigen.

Bei all den Vorsichtsmaßnahmen bleibt die Suche nach Rastplätzen - auch zum Schutz dieser Art - wichtig. Wer Mornells suchen möchte, sollte also vor allem mal in den Gebieten nachsuchen, die bisher weniger gut abgedeckt sind. Es würde nicht überraschen, wenn es noch Rastplätze gibt, die wir bisher nicht auf dem Schirm haben. Übrigens, auch Negativkontrollen sich wichtig und sollten in ornitho eingetragen werden. Bitte geben Sie wann immer möglich auch das Alter der Vögel an. Aus dem Verhältnis von Alt- zu Jungvögeln sind möglicherweise Rückschlüsse auf den diesjährigen Bruterfolg möglich. Die aktuelle Verbreitungskarte zeigt, dass Mornellregenpfeifer fast überall in NRW auftauchen können. Und spannende Beobachtungen sind zu dieser Jahreszeit in der Feldflur nahezu garantiert. Viele andere Vögel ziehen nun durch und überfliegende rufende Stelzen und Pieper (inklusive Brachpieper) sowie durchziehende Greifvögel wie Weihen und Milane oder Falken wie Baumfalke, Merlin und Rotfußfalke werden immer wieder bei der Mornellregenpfeifersuche entdeckt.

Eine schöne Bestimmungshilfe für Mornellregenpfeifer gibt es hier; einen Überblick über die Herbstrast der Mornellregenpfeifer mit weiteren Hintergrundinformationen gibt es in diesem frei verfügbaren Falke-Artikel. Tonaufnahmen der Flugrufe gibt es z.B. bei xeno-canto.

 

 

04.08.2022

Zum Eulentag 2022: Wie viele Eulenarten leben in NRW?

Steinkauz
Steinkäuze sind vielerorts in NRW eine Charakterart der Kulturlandschaft (© Angelika Meister)

Der 04. August ist Eulentag. Wir nehmen den „Owl Awareness Day“ zum Anlass, um einen kurzen Überblick über die heimischen Eulenarten zu geben. NRW ist Eulenland. Wissen Sie spontan, wie viele Eulenarten bei uns als Wildvögel leben?

Die erste Art ist selbstverständlich unser Logovogel, der Steinkauz. Die kleine Eule ist im ganzen Tiefland von NRW verbreitet, hat aber vielerorts langfristige Bestandsabnahmen erfahren. Der Steinkauz ist eine Charakterart von Streuobstwiesen und Kopfweidenlandschaften und lebt nicht selten in unmittelbarer Nähe von Siedlungen und Bauernhöfen. Erhalt und Wiederherstellung seines Lebensraums gehören zu den wichtigsten Artenschutzmaßnahmen. Vielerorts haben Eulenschützer*innen auch Nistkästen aufgehängt, da natürliche Brutplätze durch den Verlust geeigneter höhlenreicher Bäume oft fehlen. NRW hat eine besondere Verantwortung für diese Vogelart, denn hier liegt auch bundesweit der Schwerpunkt der Verbreitung. Kein Wunder, dass viele NWO-Mitglieder aktiv im Steinkauzschutz tätig sind. Die Schleiereule hat eine Sonderstellung inne - sie gehört anders als die anderen Eulen (Familie Strigidae) in eine eigene verwandtschaftliche Gruppe (Familie Tytonidae). In Mitteleuropa leben Schleiereulen eigentlich nur in der Nähe menschlicher Behausungen - z.B. in Scheunen, wo sie als Mäusejäger durchaus willkommen sind. Wie dem Steinkauz kann der Schleiereule mit speziellen Artenschutzmaßnahmen geholfen werden. Sie brütet gerne in speziell bereitgestellten Nistkästen. Auch Schleiereulen waren einst deutlich häufiger. Waldkäuze sind dagegen die häufigste Eulenart bei uns - der typische Gesang („hu - huhuhuu“) ist aus vielen Krimis bekannt. Der Name passt, denn Waldkäuze leben wirklich vor allem in Wäldern, kommen aber auch in Parks und manachmal sogar in Gärten vor. Weniger bekannt ist die Waldohreule mit ihren auffälligen Federohren. Es sind keine echten Ohren, diese liegen wie bei allen Eulen seitlich am Kopf und sind durch Federn bedeckt. Manchmal bilden Waldohreulen winterliche Schlafgemeinschaften, meist in Birken oder Nadelbäumen, wo die Vögel oft zuerst durch ihre am Boden liegenden Gewölle Aufmerksamkeit erregen. Ein extrem seltener Vogel bei uns ist die Sumpfohreule, die leider nur vereinzelt brütet und in den meisten Regionen nur als seltener Wintergast oder Durchzügler zu beobachten ist. Sie ähnelt der Waldohreule, hat aber kaum Federohren und eine gelbe (statt orangefarbene) Iris. Sie braucht offene Landschaften und lebt z.B. in weitläufigen Moorgebieten. Die größte Eule bei uns ist der Uhu. Einst in Deutschland fast ausgestorben, gilt die Rückkehr des Uhus als Erfolgsgeschichte des Artenschutzes. Der imposante Vogel kann vielerorts selbst in Innenstädten angetroffen werden. Häufiger brütet er jedoch in Wäldern, Steinbrüchen und Felsklippen. Die kleinste Eule Europas ist der Sperlingskauz - er lebt bei uns nur im Mittelgebirge. Sperlingskäuze sind kaum größer als ein Star, erbeuten selbst aber Kleinvögel von ähnlicher Größe. Der Raufußkauz lebt bei uns ebenfalls vor allem in den höchsten Lagen der Mittelgebirge. Raufußkäuze brüten gerne in alten Schwarzspechthöhlen, nehmen aber auch Nistkästen an und sind in NRW leider vom Aussterben bedroht.

Andere Eulenarten sind bei uns nur Ausnahmeerscheinungen. Nur ganz wenige Male sind Sperbereulen - Brutvögel der Taiga - in NRW nachgewiesen worden. Die beeindruckenden großen (schwarz-)weißen Schneeeulen wurden vor allem in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten in NRW als extrem seltene Invasionsvögel festgestellt. Von der vor allem im Mittelmeerraum beheimateten Zwergohreule - die einzige Transsaharazieherin unter den europäischen Arten - gab es in den letzten Jahren vermehrt einzelne Nachweise, wenn auch keineswegs in jedem Jahr. Anders als die beiden anderen Ausnahmeerscheinungen, die bei uns Wintervögel sind, wurden Zwergohreulen rufend im Frühjahr festgestellt, ein zweifelsfreier Brutnachweis fehlt aber. Ein vermehrtes Vorkommen der Zwergohreule in Mitteleuropa in den letzten Jahre könnte bei dieser wärmeliebenden Art natürlich eine Folge des Klimawandels sein.

Der Hochsommer ist leider keine besonders geeignete Zeit, um Eulen zu beobachten. Die Jungen vieler Arten werden nun selbständig und sind in der Regel jetzt längst flügge. Die meisten Arten brüten recht früh im Jahr. Die Hauptbalzzeit ist bei vielen Arten im Winter und Vorfrühling. Manche zeigen jedoch ab September eine Herbstbalz und sind dann wieder leichter festzustellen. Aufgrund ihrer nachtaktiven Lebensweise wissen wir vergleichsweise wenig über das Vorkommen und die Bestände vieler Eulenarten. Melden Sie daher Eulenbeobachtungen bei ornitho.de und tragen Sie so zu einer besseren Kenntnis und damit letztlich auch zu einem erfolgreicheren Schutz dieser Tiere bei.

Haben Sie mitgezählt? Acht Eulenarten kommen regelmäßig in NRW vor, drei weitere sind Ausnahmeerscheinungen. Wenn Sie also um die zehn Arten geschätzt haben, lagen Sie ziemlich richtig!

 

 

22.07.2022

Schwarzstorch-Tagung: Bestandsrückgänge beim Schwarzstorch

Schwarzstorch
Schwarzstörche gehören zu den ornithologischen Kostbarkeiten unserer Wälder (© Hans Glader)
Schwarzstorch
Leider sind die Bestände des Schwarzstorchs in NRW wieder rückläufig

Vom 17. bis 19. Juni veranstalteten Naturschutzbund (NABU) Euskirchen und die Eifel-Stiftung eine Fachtagung zum Thema „Wie steht es um den Schwarzstorch?“. Rund 50 Personen trafen sich auf der Kronenburg in der Eifel. Michael Jöbges übernahm die Moderation und berichtet für uns von den Ergebnissen der Tagung über den scheuen Waldbewohner.

Tagungsziel war es, den fachlichen Austausch zwischen Natur- und Artenschützer*innen, die sich mit dem Schwarzstorch beschäftigen, zu ermöglichen. Aktuelle Forschungsergebnisse zur Bestandssituation und Populationsentwicklung sowie die Umsetzung von Schutzmaßnahmen wurden analysiert und diskutiert. Referenten aus Sachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Belgien berichteten aus ihren Projektgebieten. Es wurde deutlich, dass die Brutbestände nach einer langen Phase der Zunahme in den letzten Jahren wieder rückläufig sind. Die Gründe für den kontinuierlichen Bestandsrückgang sind vielfältig: Verstärkter Einschlag in Laubbaumbeständen und Fichtenforsten infolge der Kalamitäten verändern die Lebensräume der Schwarzstörche. Störungen in den Bruthabitaten durch Abtransport des Holzes während der Brutzeit und Zunahme der Freizeitaktivitäten bedrohen das Überleben der Art in Mitteleuropa. Auch der Klimawandel wirkt sich negativ auf Schwarzstorch-Populationen aus: die Trockenheit führt zu niedrigem Grundwasserstand und lokale Austrocknung von Fließgewässern und damit ist die Verfügbarkeit der Nahrung natürlich deutlich reduziert. Auch Mortalität auf dem Zug und in den Winterquartieren beeinflussen, soweit bekannt, das Bestandsniveau negativ. Wichtige Schutzmaßnahmen für den Schwarzstorch sind die Entwicklung von Nahrungshabitaten und die Sicherung störungsarmer Brutplätze.

 

 

21.07.2022

Schwerpunktheft der Vogelwarte - Bienenfresser in NRW und darüber hinaus

Bienenfresser
Bienenfresser sind in NRW zwar regelmäßige aber weiterhin seltene Brutvögel (© Hans Glader)

Heute erschien ein Schwerpunktheft der Zeitschrift Vogelwarte, das sicherlich viele Ornis in NRW interessieren wird: Die reich bebilderte aktuelle Ausgabe widmet sich in zahlreichen Beiträgen der Ökologie, Bestandsentwicklung und Verbreitung des Bienenfressers in Europa.

Bienenfresser sind „Gewinner“ der Klimakrise und konnten in den letzten Jahrzehnten ihr Brutareal in Mitteleuropa deutlich ausbreiten. Als exotisch anmutende Art sind sie bei vielen Vogelbeobachter*innen ausgesprochen beliebt, so dass die Art vergleichsweise intensiv erforscht wird. Im Heft finden sich Beiträge zur Genetik und Phylogeographie, zum Zugverhalten und insbesondere zur Verbreitung und (historischen) Bestandsentwicklung in verschiedenen Regionen Europas - von Spanien über die Schweiz und Österreich bis nach Deutschland. Auch die Populationsdynamik des Bienenfressers in verschiedenen deutschen Bundesländern wird behandelt. Aus regionaler Sicht dürfte daher der Beitrag von Michael Jöbges über Status und Verbreitung in Nordrhein-Westfalen auf großes Interesse bei allen Ornis in der Region stoßen. Er behandelt den Zeitraum von 1830(!) bis 2020. In der Zusammenfassung schreibt Michael Jöbges: „Bis in die 1970er Jahre galt der Bienenfresser als Ausnahmeerscheinung in NRW. Seit 1976 wird er aber als unregelmäßiger Brutgast und ab 1996 als regelmäßiger Brutvogel nachgewiesen. Im Jahr 2020 konnte ein Höchststand von 27 Brutpaaren festgestellt werden.“ Der Text geht aber weit über die reine Nennung der Bruten hinaus: Es gibt Angaben zum Lebensraum - meistens in Abgrabungen, selten an natürlichen Standorten an Flüssen, zum Bruterfolg, zur Interaktion mit der Uferschwalbe, zum Klima, zur Nahrungsverfügbarkeit und vor allem den daraus resultierenden Herausforderungen zum Schutz der Bienenfresser in unserem dicht besiedelten Bundesland.

Die Vogelwarte ist die Mitgliederzeitschrift der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft. Mitglieder erhalten es in Kürze per Post. Dieses und andere Hefte sind aber auch frei als pdf auf der Homepage der DO-G verfügbar.

 

 

15.07.2022

Bereits mehr als 100 Flussseseschwalbenküken ausgeflogen

Flussseeschwalbe
Gute Nachrichten: Flügge junge Flussseeschwalben am Niederrhein (© Stefan R. Sudmann)

Barabara Meyer und Stefan R. Sudmann berichten uns dieses Jahr vom Verlauf der Flussseeschwalbensaison- es gibt gute Neuigkeiten vom heutigen Freitag: Am Niederrhein sind bereits über 100 Küken flügge geworden. Interessanterweise wurden an fast allen Standorten frische Nachgelege gefunden. Wenn daraus noch Junge schlüpfen werden sie erst gegen Ende August flügge. Das ist extrem spät. Zu dieser Zeit sind frühe Familien längst auf dem Wegzug und bereits im Süden der Iberischen Halbinsel angelangt.

Während es bei uns in NRW unseres Wissens zum aktuellen Zeitpunkt noch keinen Ausbruch der Vogelgrippe (HPAI) gibt, sieht es an den Nordseeküsten ganz anders aus. Aus der Kolonie am Banter See in Wilhelmshaven gab es in den letzten Wochen Twitter-Nachrichten über zahlreiche tote Vögel. Dem Schutz der Flussseeschwalbe im mitteleuropäischen Binnenland kommt damit womöglich eine noch größere Bedeutung zu. Die jüngsten Schreckensnachrichten betreffen die große Seeschwalbenkolonie der Coquet-Insel, auf der insbesondere Brandseeschwalben und die in Europa extrem seltene Rosenseeschwalbe massiv von Vogelgrippe betroffen sind (Quelle: birdguides.com).

 

 

11.07.2022

Neue Studie: Brutvogelgemeinschaften des Magergraslandes im Diemeltal

Baumpieper
Eine der gefährdeten Indikatorarten der Kalkmagerrasen: Baumpieper (© Hans Glader)

Eine neue Studie unter Federführung unseres Beiratsmitgliedes Jonas Brüggeshemke und seiner Co-Autoren von den Universitäten Münster und Osnabrück hat die Vogelgemeinschaften der Magerrasen im Diemeltal untersucht und findet dabei spannende Ergebnisse, die auch wichtige Rückschlüsse auf den Schutz der Vogelwelt in diesem Lebensraum zulassen.

Das Diemeltal liegt an der Grenze von NRW zu Hessen in der Nähe der Städte Marsberg und Warburg. Das Gebiet weist heute die größten Vorkommen von Kalkmagerrasen und frischem Magergrünland in ganz Norddeutschland auf. Die Kalkmagerrasen sind zudem häufig mit Wacholder bestanden - eine in dieser Form in NRW nahezu einmalige Kulturlandschaft, die andernorts fast gänzlich durch Aufforstung und intensive Landwirtschaft verschwunden ist. Gegenstand der Untersuchung waren die Vogelgemeinschaften beider Magerrasen-Lebensräume und die Faktoren, die diese maßgeblich beeinflussen. Erfasst wurden die Vögel auf 54 (27 pro Lebensraumtyp) 5 ha großen Probeflächen. „Unsere Studie zeigte, dass sowohl die Artenzahl als auch die Dichte an gefährdeten Brutvogelarten auf Probeflächen der Kalkmagerrasen höher war als in denen des frischen Magergraslands“, so das Autorenteam in der Zusammenfassung des Artikels. Dementsprechend war das Vorhandensein von Kalkmagerrasen mit Wacholderbeständen sowie die Vielfalt an Lebensräumen (konkret ein verwendeter Index zur Habitatheterogenität) in den berechneten statistischen Modellen der wichtigste Prädiktor für Dichte und Artenzahl der Vögel. Betrachtet man nur die gefährdeten Vögel, zeigt sich, dass auch die Temperatur eine ganz entscheidende Rolle spielt. In den niedrigeren, wärmeren Teilgebieten kommen Arten wie Turteltaube, Wendehals, Grünspecht und Nachtigall vor, die weiter oben in den kühlen Regionen weitestgehend fehlen.

Das Autorenteam macht basierend auf den gefundenen Ergebnissen Vorschläge zum Schutz des Lebensraums und seiner Vogelgemeinschaften: Maßnahmen zum Schutz der wacholderreichen Kalkmagerrasen kommen auch den bedrohten Vogelarten zu Gute - nicht nur Insekten und Pflanzen sollten beim Management dieses Lebensraums Berücksichtigung finden. Verschiedene halboffene Sukzessionsstadien sind hier besonders wichtig, da neben der Nahrungsverfügbarkeit auch Brutplätze vorhanden sein müssen. Besondern in frischem Magergrünland fehlt es teilweise leider an Strukturvielfalt. Einzelne Sträucher und Bäume, Grasland verschiedener Mahdhöhe können hier bedrohte Vogelarten fördern. Die Autoren heben aber insbesondere die Bedeutung extensiver (ganzjähriger und saisonaler) Beweidung hervor, die einer Mahd gegenüber zu bevorzugen ist.

Die Studie erschien kürzlich in englischer Sprache mit deutscher Zusammenfassung im Journal of Ornithology und ist hier frei verfügbar.

 

 

07.07.2022

Ziegenmelkerprojekt erfolgreich in neue Saison gestartet

Aktuelles Bild: Zwei Ziegennmelkerküken aus einer späten Brut (© S.R. Sudmann)

Die NWO führt gemeinsam mit Partnern aus der Naturschutzplanung ein Projekt zur Störungstoleranz des Ziegenmelkers durch. Ziegenmelker sind dämmerungs- und nachtaktive Vögel, von denen vermutet wird, dass sie empfindlich auf Licht und Lärm durch Großveranstaltungen reagieren könnten. Ob und inwieweit das der Fall ist, wollen wir genauer herausfinden. Seit 2020 kommen dabei Wildtierkameras und die Verfolgung mittels Telemetrie zum Einsatz.

Im Rahmen der diesjährigen Untersuchungen wurden nun wieder Wildkameras an zwei Gelegen angebracht. Genau zum richtigen Zeitpunkt haben wir jetzt zwei frisch geschlüpfte Küken gefunden und konnten hier ebenfalls eine Kamera installieren, die nun Informationen zur Jungenaufzucht liefert. Bei diesen Bruten handelt es sich um Zweit- oder Ersatzbruten. An anderer Stelle wurde nachts ein Weibchen beobachtet, das mit seinen beiden flüggen Jungen auf der Jagd war. Ziegenmelker ernähren sich vor allem von großen Nachtfaltern. Das wahrscheinlich zugehörige Männchen markierte derweil das Revier mit dem typischen „Schnurren“. Unterstützt wird das Projekt von der Stöckmann-Stiftung. Weitere Informationen und Bilder gibt es hier.

Barbara C. Meyer & Stefan R. Sudmann

 

 

06.07.2022

Publikationen von Mitgliedern: Naturalized Parrots of the World

Neues Buch über Neozoen: Naturalized Parrots of the World

Das im Jahr 2021 erschienene Buch „Naturalized Parrots of the World - Distribution, Ecology of the World's Most Colorful Colonizers“ widmet sich nicht-heimischen Papageien. Das Buch hat 19 Kapitel, von denen eines - das über Papageien in Europa - von NWO-Mitglied Dr. Michael Braun verfasst wurde.

Das englischsprachige Buch beleuchtet auf 304 Seiten zum einen Hintergründe und Ökologie, zum anderen Fallstudien, z.B. zu bestimmten Regionen oder einzelnen Arten wie dem Halsbandsittich.

Das Buch ist über den (Online-)Buchhandel erhätlich. Die unverbindliche Preisempfehlung des Princeton-Verlages beträgt 45 $ bzw. 35 ₤. Weitere Informationen zu Publikationen unserer Mitglieder finden Sie hier.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

02.07.2022

Sommerliche Zählung der Gänse

Rostgans
Rostgänse sind in NRW außerhalb der Mittelgebirge weit verbreitet (© Hans Glader)

Nächstes Wochenende steht die Sommergänsezählung bevor. Am 09./10. Juli findet die alljährliche sommerliche landesweite Zählung der Gänse statt. Die meisten denken bei Gänsen eher an die Wintermonate, wenn große Schwärme arktischer Brutvögel der Taiga und Tundra in den Fluss- und Stromniederungen von Nordrhein-Westfalen überwintern. Bei den Sommergänsen liegt der Schwerpunkt aber vor allem auf den Neozoen: Kanadagans, Nilgans und Rostgans werden gezählt - aber auch die bei uns brütenden Grau- und Weißwangengänse und einige seltenere Arten werden dabei erfasst. Nil- und Rostgans sind trotz ihres Namens übrigens keine echten Gänse, sie sind näher mit den meisten Enten verwandt, früher sprach man auch von sogenannten Halbgänsen, aber die deutschen Namen können die Verwandtschafsverhältnisse nur fehlerhaft bzw. unvollständig widergeben. Durch Erfassung des Jungvogelanteils erlaubt das Monitoring übrigens auch Aussagen über den Bruterfolg der Vögel in diesem Jahr.

Die Sommergänsezählung wird seit 2011 mit Unterstützung des LANUV von der NWO organisiert. Sie ist wesentliche Grundlage des Managements der Neozoen und NRW ist mit diesem Monitoring im Vergleich zu den anderen Bundesländern ein wichtiger Vorreiter. Wer mehr über die Sommergänsezählung erfahren möchte, vielleicht selbst mitmachen will, findet weitere Hintergründe und Auswertungen der vergangenen Zählungen auf der Infoseite zur Sommmergänsezählung.

 

 

29.06.2022

Bislang gute Saison für Flussseeschwalben in NRW

Flussseeschwalbe
Junge Flussseeschwalben auf einem speziellen Brutfloß am Niederrhein (© Stefan R. Sudmann)

Flussseeschwalben gehören zu den seltensten Brutvögeln in NRW. Die eleganten Vögel stehen aktuell als gefährdet auf der Roten Liste unserer Brutvögel. In diesem Jahr wird erstmals im Auftrag des LANUV eine landesweite Bestandserfassung des Brutbestands der Flussseeschwalbe durchgeführt. Dabei wurden bislang 30 Paare an der Weser und 170 Paare am Unteren Niederrhein festgestellt. Der Landesbestand liegt damit bei ca. 200 Paaren, was im Vergleich mit den in den letzten Jahren ehrenamtlich erhobenen Daten ein gutes Ergebnis ist. Während an der Weser ausschließlich auf Inseln in ehemaligen bzw. aktiven Abgrabungsbereichen gebrütet wird, nisten die Niederrheiner nahezu ausschließlich auf Flößen. Ermöglicht wurde die Bestandserholung am Niederrhein durch mehrere neue von Kiesunternehmen hergestellte und ausgelegte Flöße. Ohne diese Artenhilfsmaßnahme wäre die Flussseeschwalbe am Niederrhein als Brutvogel bereits verschwunden. Bislang entwickeln sich die Küken gut und es gibt nur wenige Todesfälle. Inklusive der Nachgelege kann die Aufzuchtzeit noch bis Anfang August reichen, so dass dies nur eine Zwischenmeldung ist.

Barbara Meyer & Stefan R. Sudmann

 

 

27.06.2022

Infrastruktur, Jagd und Klimawandel mit Bestandsrückgängen von Zugvögeln verknüpft

Baumpieper
Baumpieper gehören zu den bedrohten Langstreckenziehern (© Hans Glader)

Bestände von Zugvögeln nehmen global ab. Eine neue Studie der Universität von East Anglia, der Universität von Porto und der Universität von Lissabon und der Tschechischen Gesellschaft für Ornithologie zeigt, dass dies durch menschengemachte Veränderung der Landschaft verursacht wird. Die Untersuchung basiert auch auf Daten des paneuropäischen Monitorings häufiger Brutvögel (PECBMS), das in NRW durch unser Monitoring häufiger Brutvögel (MhB) repräsentiert wird. Studien wie diese wären ohne die Mithilfe zahlreicher ehrenamtlicher Kartierer*innen nicht möglich.

Bestandsrückgänge sind bei den Arten am größten, die durch Gebiete mit mehr menschlicher Infrastruktur (Straßen, Gebäude, Stromleitungen, Windkraftanlagen), höherer menschlicher Siedlungsdichte und hohem Jagddruck ziehen. Habitazerstörung und Klimawandel spielen ebenfalls eine wichtige Rolle beim langfristigen Rückgang der Vogelbestände. Das Forschungsteam hofft, ihre Arbeit hilft bei gezielten Naturschutzmaßnahmen. Dr. James Gilroy (UEA’s School of Environmental Sciences) sagte: „Wir wissen, dass Zugvögel stärker bedroht sind als Standvögel, es ist aber unklar, warum. Wir möchten herausfinden, wo in ihrem Lebenszyklus die Vögel am meisten menschlichen Einflüssen ausgesetzt sind.“

Insgesamt 103 Zugvogelarten wurden untersucht. Fortschritte in der Fernerkundung (Satellitenbildtechnologien) erlaubten es, Karten von 16 Bedrohungen über Europa, Afrika und Westasien zu erstellen, darunter die erste großskalige Kartierung des Jagddrucks.

Dr. Aldina Franco (ebenfalls UEA’s School of Environmental Sciences) ergänzte: „Unsere Ergebnisse sind deshalb wichtig, weil wir verstehen müssen, wo im Bestand rückläufige Arten während ihres Zugweges am stärksten durch Menschen bedroht sind. Genaue Lokalisierungen können helfen, Naturschutzmaßnahmen gezielt einzusetzen.“

Eine ausführliche englischsprachige Pressemitteilung, auf der dieser Beitrag beruht, befindet sich auf der PECBMS-Homepage. Der Fachartikel erschien im Fachmagazin Global Ecology and Biogeography und ist hier frei verfügbar.