Aktuelle Meldungen
21.10.2023
Vogel des Jahres – Kiebitze in NRW
Die meisten haben es längst erfahren: In einer öffentlichen Abstimmung unter fünf Kandidaten wurde der Kiebitz als Vogel des Jahres ausgewählt. Für uns selbstverständlich ein guter Grund, sich etwas näher mit dieser Art zu beschäftigen und die Situation des Kiebitzes in NRW näher zu beleuchten.
Kiebitze gehören verwandtschaftlich zu den Limikolen und dort in die Regenpfeiferverwandtschaft. Der Schnabel ist daher vergleichsweise kurz und damit gut geeignet, Nahrung oberflächennah zu finden – Insekten, Regenwürmer und andere Wirbellose lassen sich so gut aufpicken oder nahe der Oberfläche erstochern. Kiebitze sind bekannt für ihre phantastischen Balzflüge, deren Eindruck sie mit lauten Rufen („kie-witt“) noch verstärken. Sie brüten in NRW vor allem im Tiefland in weiten offenen Landschaften. Die Jungen sind Nestflüchter und können kurz nach dem Schlupf bereits laufen, werden aber von den Eltern noch betreut. Kiebitze sind Teilzieher. Die meisten unserer Brutvögel fliegen nach West- und Südwesteuropa, andere überwintern auch bei uns. Jetzt im Oktober ist eine gute Zeit, um rastende Kiebitze auf dem Durchzug zu beobachten. Die nächste Brutzeit beginnt dann recht früh im Jahr und bereits im Vorfrühling kann man wieder mit balzenden Kiebitzen rechnen.
Ursprünglich waren Kiebitze eine Vogelart artenreicher, magerer feuchter Wiesen, Weiden und (Nieder-)Moore. Mit der Ausbreitung der Ackerflächen hat der Vogel mit der Federtolle aber auch diesen Lebensraum als Brutplatz entdeckt. Hier ist er jedoch größeren Gefahren ausgesetzt. Flächen, die im Vorfrühling noch unbearbeitet sind (z.B. spätere Sommerungen wie Maisäcker), werden just zur Brutzeit bearbeitet. Zum Glück gibt es viele aufmerksame Bauern und Bäuerinnen, die Nester umfahren oder vorsichtig kurzfristig umsetzen. Mit modernen schnellen Maschinen ist das jedoch eine große Herausforderung. In vielen Regionen werden Kiebitznester deshalb von Mitarbeitenden Biologischer Stationen oder Ehrenamtlichen (z.B. aus der NWO) in Absprache mit der Landwirtschaft markiert, so dass die Brutplätze umfahren werden können. Dafür gibt es übrigens auch einen finanziellen Ausgleich vom Land und auch weitere Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes können sich positiv auswirken. Trotz einiger Positivbeispiele hat dies aber noch nicht ausgereicht, langfristige Bestandsrückgänge zu stoppen. Oft fehlt es an Nahrung und Schutz für die Küken. Feuchte Ackersenken sind durch Drainagen selten geworden, die Klimakrise spielt zunehmend mit hinein und nicht überall gibt es noch geeignetes Grünland in Reichweite für die Jungen. Dieses ist vielerorts ungeeignet geworden. Stark gedüngte Grasäcker (durch Gülle und Stickstoffdeposition aus der Luft) bieten keine Nahrung und im zu dichten Grasdschungel können Jungvögel sich nicht bewegen und werden leicht nass und kühlen aus. Auch Prädation spielt eine zunehmende Rolle, zumal kleiner werdende Kolonien oder Einzelpaare es weniger gut schaffen, sich gegen Prädatoren zur Wehr zu setzen.
Einzelne Projekte wie das kürzlich gestartete LIFE-Wiesenvögel-Projekt in NRW geben zwar Hoffnung, dass sich die Situation in einzelnen Schutzgebieten verbessern könnte, sind aber noch kein Grund zur Entwarnung und erreichen natürlich auch nicht die Vögel in der Normallandschaft. Der Kiebitzbestand ist dementsprechend weiterhin im Rückgang begriffen und die Art wird in der aktuellen Roten Liste für NRW daher als stark gefährdet geführt. Der genaue Brutbestand ist nicht bekannt, lag aber schon bei der letzten Roten Liste (2016) bei unter 10.000 Brutpaaren (Rote Listen), mittlerweile sind es bereits deutlich weniger. Ein standardisiertes Monitoring für diese Art fehlt leider bisher. Hinzu kommt, dass nun auch große Verbreitungsgebietslücken auffällig werden. So sind die Mittelgebirge heute nahezu vollständig geräumt. Sehr viel Wissen über die Art in NRW wurde übrigens 2020 in einem Schwerpunktheft des Charadrius (Jahrgang 56, Heft 1-2) veröffentlicht.
Manchmal werden für den Bestandsrückgang auch Faktoren außerhalb des Brutgebietes genannt, so werden Kiebitze mancherorts noch bejagt. Während dies selbstverständlich negative Auswirkungen hat, zeigen Studien deutlich, dass die entscheidenden Ursachen für den Bestandsrückgang in den Brutgebieten liegen. Auch die Rastbestände sind vielerorts zusammengebrochen. Waren es früher allein am Unteren Niederrhein um die 120.000 Vögel, sind es heute nur noch wenige 1.000 – ein Rückgang um mehr als 95 %.
Die Aussichten für den Kiebitz sind also nicht allzu positiv und die bisherigen Anstrengungen reichen noch nicht aus, um den Kiebitz vor dem Schicksal der meisten anderen Wiesen- und Moorvögel zu schützen. Es besteht die Gefahr, dass der Kiebitz anderen Arten dieses Lebensraums folgt, die in NRW mittlerweile ausgestorben oder extrem selten sind und bei denen verbliebene Restbestände auf wenige Reservate begrenzt sind. Die erneute Wahl zum Vogel des Jahres 2024 wird hoffentlich dazu beitragen, den Schutz des Kiebitzes und der vielen anderen Feld-, Wiesen-, Moor- und Weidevögel weiter im Fokus zu behalten und endlich eine echte Trendumkehr einzuläuten.
20.10.2023
Mauersegler-Monitoring: Bericht 2022
Unsere AG Gebäudebrüter kümmert sich intensiv um den Schutz von an Gebäuden brütenden Vogelarten wie dem Mauersegler. Vor allem im Rahmen von energetischen Gebäudesanierungen können Brutplätze verloren gehen, wenn nicht entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.
Ersatzbrutplätzen in Form von Nistkästen kommt daher eine herausragende Rolle zu. Wie erfolgreich die jeweiligen Maßnahmen sind, ist aber oft nicht gut erforscht und es fehlte in der Vergangenheit auch einfach an entsprechenden Untersuchungen. Hier wird unsere AG Gebäudebrüter – insbesondere Franco Cassese (Biologische Station Hagen) gemeinsam mit verschiedenen Partnern aus dem Naturschutz – aktiv. Auch im Jahr 2022 wurden zahlreiche Projekte begleitet und der Einfluss auf die Brutplätze der Mauersegler untersucht. Mauersegler brüten bei uns fast ausschließlich an Gebäuden - nur ganz selten brüten die Vögel in Baumhöhlen. In der Vergangenheit gingen zahlreiche Brutplätze bei Gebäudesanierungen verloren. Eine Entwicklung, die mutmaßlich vielerorts unvermindert anhält. Hermetisch abgeriegelte Neubauten bieten zudem kaum Nistmöglichkeiten, da hier Spalten und Nischen vermieden werden, sofern es keine speziellen Nisthilfen gibt.
Das Monitoringprojekt des Mauerseglers im Rahmen von "Ein Platz für Spatz & Co" ist dabei methodisch in der Regel eine Vorher-Nachher-Untersuchung. Anders als bei vielen unserer anderen Programme geht es also hier nicht um ein großräumiges Trendmonitoring. Aktuelle Methoden zur Mauerseglererfassung wurden dabei ebenfalls kritisch begutachtet. Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag im Ruhrgebiet, wobei auch in einigen anderen Städten in NRW die Fragestellungen ehrenamtlich angegangen wurden. Vor dem Hintergrund zahlreicher anstehender weiterer Sanierungen, die zur Bekämpfung der Klimakrise notwendig sind, ist ein besseres Wissen für den Schutz unserer gebäudebrütenden Vogelarten unabdinglich. Der Bericht ist frei als pdf hier verfügbar.
02.10.2023
Tagungsankündigung: Treffen der AG Greifvögel
Die diesjährige Tagung unserer AG Greifvögel findet am 05. November 2023 wie schon fast traditionell im Naturfreundehaus Ebberg, Schwerte statt. Es wird wieder ein hochkarätiges Programm mit spannenden Vorträgen geben und selbstverständlich bleibt auch Zeit für persönliche Fachgespräche.
Auf der Themenliste steht selbstverständlich wieder Austausch über die Ergebnisse der jüngsten Brutsaison. Prof. Dr. Oliver Krüger wird über ein neues Gleichgewicht der Greifvogelarten im Teutoburger Wald berichten. Herrmann Knüwer hält einen Vortrag über Beobachtungen an einem Sperberpaar. Die Vorsitzende des NABU NRW, Dr. Heide Naderer, wird ein umstrittenes Thema ansprechen: Windenergie und Artenschutz, Matthias Olthoff gibt einen Überblick über den Rotmilan im Kreis Coesfeld und Gerard Müskens stellt Telemetrieergebnisse von Habichten aus den Niederlanden vor. Hubertus Illner und Patrick Hundorf berichten in einem Rückblick vom westfälischen Weihenschutzprogramm, geben aber auch einen aktuellen Überblick über die Brutsaison 2023.
Es wird also für alle Greifvogelinteressierten etwas dabei sein. Die Teilnahme ist kostenlos, alle Greifvogelfans sind eingeladen, wir bitten lediglich um eine formlose Anmeldung bei Jens Brune von der AG Greifvögel der NWO.
Das genaue Programm, weitere Informationen und die Anfahrtsbeschreibung finden sich hier. Wir bedanken uns schon jetzt bei allen Vortragenden und Aktiven!
25.09.2023
Invasionsvögel: Kommen die Tannenmeisen?
Tannenmeisen sind den meisten als Brutvögel von Nadel- und Mischwäldern sowie Gärten gut bekannt. Sie sind ganzjährig bei uns zu beobachten, nördliche Populationen ziehen aber oft und auf dem Durchzug und im Winter können bei uns auch Tannenmeisen aus anderen Regionen auftauchen. Jüngste Beobachtungen könnten vielleicht auf einen stärkeren Einflug dieses Jahr hindeuten.
Die Südwestspitze Finnlands um Hanko ist einer der Vogelbeobachtungs-Hotspots in Europa. Die Gegend ist in für Beobachtungen von Seltenheiten bekannt, es ist aber auch einfach eine der Stellen, an der der Vogelzug besonders gut verfolgt wird. Vor Ort gibt es eine Beringungsstation und von erhobener Stelle aus lässt sich der Strom ziehender Greifvögel, Wasservögel und Kleinvögel beobachten. Nun wurden außergewöhnlich viele Tannenmeisen erfasst.
Der finnische Ornithologe Aleksi Lehikoinen meldete über seinen Twitter/X-Account, dass am Sonntag, den 24.09.2023 unglaubliche 31.000 Vögel an einem einzigen Tag durchzogen. Am Donnerstag zuvor waren es 26.500. Der bisherige Rekord lag bei 9.700 Individuen im Herbst des Jahres 2009. Die neuesten Zahlen könnten vielleicht sogar einen Weltrekord für diese Art darstellen.
Ob die Vögel wirklich Mitteleuropa und Nordrhein-Westfalen erreichen, wissen wir natürlich nicht. Nicht selten kommen Invasionsvögel aus dem Norden nur bis Skandinavien oder ins Baltikum. Auch in Norddeutschland kann das Ende des überdurchschnittlichen Auftauchens erreicht sein. Andererseits werden wir einen Einflug nur nachweisen, wenn wir eifrig auf die kontrastreichen Meisen mit den auffälligen Rufen achten werden. Auf dem Zug können Tannenmeisen nahezu überall auftauchen - an an klassichen Zugbeobachtungspunkten abseits von Wäldern und natürlich in Gärten können die Vögel beobachtet werden. Tannenmeisen sind kleiner als die Kohlmeisen. Ihnen fehlt der schwarze Streifen auf dem Bauch und der weiße Fleck im Nacken ist oft sehr auffällig. Beobachtungen können wie gewohnt auf www.ornitho.de geteilt werden.
05.09.2023
Wahl zum Vogel des Jahres 2024 – Kandidatencheck aus NRW-Sicht
Es ist wieder soweit - die Wahl zum Vogel des Jahres steht bevor. Welche Vogelart soll 2024 stellvertretende Botschafterin eines wichtigen Naturschutzthemas werden? NABU und LBV lassen seit zwei Jahren die Bevölkerung abstimmen: Jede*r kann sich noch bis zum 5. Oktober 2023 an einer der erfolgreichsten PR-Aktionen für den Vogelschutz beteiligen (www.vogeldesjahres.de). Wir stellen Ihnen die fünf Kandidaten aus NRW-Sicht vor – als neutraler „Wahlomat“ selbstverständlich in systematischer Reihenfolge, obwohl wir unsere Sympathien für unseren Logovogel selbstverständlich nicht ganz leugnen wollen.
Rebhuhn Perdix perdix
Das Rebhuhn steht wie nur wenige Arten für den Schwund der Artenvielfalt in unserer Agrarlandschaft. Einst waren die Vögel auf allen Äckern und Gründlandflächen ausgesprochen häufig und jedem Kind bekannt. In den letzten Jahrzehnten kam es jedoch zu einem massiven Bestandsrückgang, der die Vögel zu einem seltenen Anblick hat werden lassen. In NRW ist die Art zwar zumindest im Tiefland immer noch einigermaßen verbreitet, es gibt aber bereits größere Verbreitungslücken. Schwerpunkte gibt es noch in einigen Börderegionen. In strukturarmen Monokulturen aus Energiepflanzen können die Vögel nicht überleben, Wegraine und Grünländer sind verschwunden oder durch Mahd ungeeignet geworden und Überdüngung sowie Pestizideinsatz verringern die Nahrungsgrundlage. In strukturarmen Lebensräumen gibt es zudem keinen Schutz vor Prädatoren wie Füchsen, sodass das Überleben des Geleges und der brütenden Weibchen vielfach nicht mehr sicher ist. Helfen können spezielle Agrarumweltmaßnahmen, z.B. im Rahmen des Vertragsnaturschutzes. Angewandte Forschungsprojekte am Rebhuhn, national wie international, haben mittlerweile aufgezeigt, wie dieser Feldvogel zu retten ist. Jetzt geht es daran, die Maßnahmen gemeinsam mit der Landwirtschaft auch großflächig umzusetzen, damit das Rebhuhn langfristig bei uns überleben kann. In NRW gilt das Rebhuhn laut aktueller Roter Liste als stark gefährdet.
Kiebitz Vanellus vanellus
Kiebitze sind vermutlich die bekannteste heimische Limikolenart. Auch wenn NABU und LBV mit dieser Art für den ganz wichtigen Erhalt und die Wiederherstellung von feuchten Wiesen, Weiden und Mooren werben möchte, befinden sich in NRW noch viele Vorkommen in der Agrarlandschaft. Auf Äckern und Feldern sind die Bruten, die nicht selten auf erst spät zu bearbeitenden Maisäckern angelegt werden, allerdings gefährdet. Landwirtinnen und Landwirte arbeiten gemeinsam mit dem Naturschutz, um Nester zu markieren, damit diese bei der Bodenbearbeitung umfahren werden können. Leider fehlt es dem Kiebitznachwuchs aber auch an Nahrung und in immer kleiner werdenden Kolonien wird die Verteidigung gegen Prädatoren für die Vögel mit den auffälligen Balzflügen auch immer schwieriger. Auch hier gilt es, für die Kiebitze langfristige Lebensgrundlagen zu erhalten. Aktuell droht dem Kiebitz das gleiche Schicksal wie anderen Wiesenvögeln: sie könnten von der Allerweltsart zur Reservatsart werden und in ihrer Verbreitung auf wenige Schutzgebiete begrenzt sein. Die Bestände sind stark rückläufig und auf der Roten Liste der Brutvögel in NRW findet sich der Kiebitz ebenfalls als stark gefährdet.
Wespenbussard Pernis apivorus
Wespenbussarde gehören zu den am wenigsten bekannten heimischen Greifvögeln. Sie brüten in NRW vor allem in alten Laubwäldern, leben im Tiefland wie im Mittelgebirge, fehlen dafür aber meist in waldarmen Regionen. Einst waren sie zwar gebietsweise wohl sogar häufiger als die übrigens nur entfernt verwandten Mäusebussarde. Davon kann aber heute meist keine Rede mehr sein. Der Bestand ist langfristig geschrumpft. Wespenbussarde sind bei uns nur kurzzeitig anwesende Sommergäste. Die Ankunft im Brutgebiet erfolgt im Mai, wenn die Bäume bereits belaubt sind. Der faszinierende Balzflug ist wahrscheinlich gar nicht allen Ornis gut bekannt. Nach Abschluss der Brut machen sich Wespenbussarde bereits ab Ende August auf den langen Weg in die afrikanischen Winterquartiere, wo sie ebenfalls eher waldreiche Regionen zu bevorzugen scheinen. Auf dem Durchzug sind sie recht regelmäßig in NRW zu beobachten, gelegentlich ziehen sie dabei in kleineren, selten auch größeren Gruppen. Wespenbussarde sind, der Name deutet es an, Nahrungsspezialisten. Hautflügler wie Wespen und Hummeln, tatsächlich aber vor allem deren Brut ist ganz wesentlicher Nahrungsbestandteil. Sie können daher Botschafter für Maßnahmen gegen das Insektensterben sein. In der Roten Liste der Brutvögel in NRW sind Wespenbussarde als stark gefährdet aufgeführt. Der Wespenbussard ist der einzige Kandidat, der auch in der Vergangenheit noch nie Vogel des Jahres war.
Steinkauz Athene noctua
Unseren Logovogel brauchen wir vermutlich gar nicht groß vorzustellen. Ein wesentlicher Teil des mitteleuropäischen Bestandes brütet in NRW, insgesamt sind es rund 75 % der bundesweiten Population. Steinkäuze sind also so etwas wie die heimlichen Wappenvögel unseres Bundeslandes. Sie sind Charaktervögel der Wiesen- und Weidelandschaften mit einzelnen Bäumen. Dazu gehören Parklandschaften ebenso wie Kopfweidenbestände und Streuobstwiesen. Sie sind Kulturfolger, die nicht selten im unmittelbaren Umfeld von Gehöften brüten. Als Höhlenbrüter sind sie auf geeignete Nistplätze angewiesen. Künstliche Nisthilfen können die Wohnungsnot lindern und damit steht der Steinkauz sicherlich auch für klassischen Vogelschutz. Der Steinkauz ist aber auch Schirmart für artenreiche und bedrohte Kulturlandschaften. Viele Streuobstwiesen sind in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen, Bäume wurden nicht nachgepflanzt und ohne regelmäßige Beweidung ist die Nahrungsverfügbarkeit für die Steinkäuze auch herabgesetzt. Sie benötigen kurzrasige Flächen, auf denen sie Mäuse und Regenwürmer finden können. Die Verbreitungsschwerpunkte liegen in NRW vor allem im Tiefland, aber in Folge des Klimawandels ist grundsätzlich auch eine Ausbreitung in die Mittelgebirgslagen denkbar. Auf der Roten Liste der Brutvögel in NRW steht der Steinkauz als gefährdet.
Rauchschwalbe Hirundo rustica
Die Rauchschwalbe ist bei uns vermutlich die Schwalbe schlechthin. Rauchschwalben stehen für den Sommer, sie sind aber auch Leitart bäuerlicher Kulturlandschaften. Brutplätze finden sich heutzutage fast nur noch in weitestgehend geschlossenen Viehställen - eine Einflugöffnung muss natürlich vorhanden sein. In modernen Offenställen kann ihnen mit speziellen Nistmöglichkeiten geholfen werden, damit es dunkel genug ist, denn Rauchschwalben brüten bevorzugt im Inneren von Gebäuden. Auch Pferdeställe werden gerne als Brutplatz aufgesucht. Auch bei der Jagd nach Fluginsekten sieht man Rauchschwalben häufig in der Nähe von Weidetieren. Seit Jahrzehnten sind die Bestände des eleganten Zugvogels leider rückläufig. Zu den Änderungen in der Landwirtschaft gehört auch die Aufgabe von immer mehr kleinen und mittelgroßen Viehbetrieben und der Verlust an Tieren auf der Weide. Fehlende Schlammpfützen, auf die der NABU im Zusammenhang mit der Rauchschwalbe aufmerksam macht, sind vermutlich nur ein mit größeren Änderungen im Zusammenhang stehender Zusatzfaktor für die Gefährdungsursachen. In NRW sind Rauchschwalben auf der Roten Liste als gefährdet aufgeführt.
Weiterführende Links
Rote Liste der Brutvögel in NRW
Rote Liste der wandernden Vogelarten in NRW
Rebhuhn im Brutvogelatlas
Kiebitz im Brutvogelatlas
Wespenbussard im Brutvogelatlas
Steinkauz im Brutvogelatlas
Rauchschwalbe im Brutvogelatlas
31.08.2023
Stelzenläufer in Deutschland und NRW
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Die Vogelwelt“ berichtet NRW-Orni Moritz Meinken über die Ausbreitung des Stelzenläufers in Deutschland. Der elegante Watvogel ist immer noch eine große Besonderheit bei uns, aber in den letzten Jahren gab es deutlich mehr Nachweise. Auch Bruten wurden vermehrt festgestellt.
Stelzenläufernachweise aus Deutschland gibt es mindestens seit dem 19. Jahrhundert, der erste sichere Brutnachweis gelang 1949 in Schleswig-Holstein. Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts blieben Bruten aber extrem selten und auch sonst waren Stelzenläufer seltene Gäste. Die Art stand bundesweit bzw. in den Bundesländern auf der Liste der bei den zuständigen Kommissionen zu dokumentierenden Arten. In den 1960er Jahren gab es aber immerhin mal eine Kolonie mit vier Paaren, die jedoch nur ein Jahr Bestand hatte. Seit der Jahrtausendwende haben die Beobachtungen nun deutlich zugenommen. Mit ornitho.de liegen seit 2012 wieder zahlreiche Informationen dazu vor, aber zwischen dem Auslaufen der bundesweiten Meldepflicht und der Etablierung von ornitho.de fehlen entsprechend standardisierbare Datenpools. Im Artikel werden die gut verfügbaren Meldungen und einige andere Quellen nun detailliert für die Bundesebene ausgewertet. Der Autor beschreibt die zeitliche Entwicklung, die Phänologie, die Anzahl der Brutpaare, die Brutplatztreue und den Bruterfolg. Innerhalb Deutschlands gibt es einen gewissen Schwerpunkt an Brutnachweisen an der Nordseeküste, insbesondere in Nordfriesland und in der Region Anklam in Mecklenburg-Vorkommen. In NRW konzentrieren sich die bisherigen Brutnachweise bis 2021 auf den Niederrhein. Daneben gab es Einzelbruten im Münsterland und im südlichen Rheinland. Der Autor diskutiert ausführlich basierend auf weiteren Studien den Zusammenhang mit der Klimakrise – Dürren im südlichen Verbreitungsgebiet könnten einen wichtigen Anteil an den vermehrten Nachweisen des auffälligen Vogels haben. Auch über mögliche Einwanderungswege wird diskutiert. Diese Fragestellung kann bisher nicht abschließend beantwortet werden: Es gibt Argumente für eine westliche Route, da hier die Brutgebiete nicht weit entfernt sind, andererseits fehlen in Südwestdeutschland bisher Brutnachweise und einiges spricht dementsprechend auch für Vögel aus dem östlicheren Brutgebiet, wobei natürlich auch Vögel sowohl aus dem südöstlichen als auch aus dem südwestlichen Brutgebiet bei uns auftauchen könnten.
Publikation:
Meinken M 2023. Stelzenläufer Himantopus himantopus in Deutschland – von der Ausnahmeerscheinung zum regelmäßigen Brutvogel. Vogelwelt 141: 111–122.
23.08.2023
Beobachtungstipp – Höhepunkt des Wespenbussardurchzugs
Ende August/Anfang September ist der Höhepunkt des Durchzugs der Wespenbussarde in Nordrhein-Westfalen. Wer zu dieser Zeit aufmerksam beobachtet, wird früher oder später auf überfliegende Vögel stoßen. Die Bestimmung erfordert etwas Übung, ist aber zumindest bei nicht zu hoch fliegenden Vögeln meist möglich.
Wespenbussarde gehören zu den Langstreckenziehern unter den heimischen Greifvögeln. Die heimliche Waldart brütet u.a. in Nord- und Mitteleuropa, wo die Vögel erst im Mai ankommen und sich nach vollendeter Brut Ende August bis September wieder auf die lange Reise in die Winterquartiere im tropischen Afrika machen. Als hochspezialisierte Art, die sich gerne von Hymenopteren bzw. ihrer Brut ernährt, würde sie im Winter bei uns nicht ausreichend Nahrung finden. Als Thermiksegler erfolgt die Überquerung von Barrieren oft an speziellen Landmarken – das Mittelmeer wird an seinen engen Stellen überquert, z.B. an der Meerenge von Gibraltar; auch im Gebirge wie in den Alpen werden die Vögel gehäuft an bestimmten Pässen beobachtet. Hier bei uns in NRW scheint der Zug aber überwiegend als Breitfrontenzug stattzufinden. Dennoch lassen sich Greifvögel im Herbst natürlich besonders gut von Kuppen und erhöhten Punkten, die freie Sicht nach Nord bzw. Nordost erlauben, beobachten. Ende August/Anfang September ist die perfekte Zeit, um nach den ersten ziehenden Greifvögeln Ausschau zu halten. Neben Wespenbussarden ziehen nun auch Weihen wie Rohrweihen und mit etwas Glück können auch Fischadler und andere Weihenarten wie etwa Wiesenweihen beobachtet werden. Mit ganz viel Glück ist auch mal eine echte Seltenheit dabei (hier z.B. ein Schlangenadlerbeobachtung aus diesem Jahr). Wie schon erwähnt, müssen Wespenbussarde warme Aufwinde nutzen, um Höhe zu gewinnen, sie werden also meist erst im Laufe des Vormittages durchziehen. Auch später am Tag können sie natürlich beobachtet werden – in großer Höhe sind sie aber oft nur mit Mühe auszumachen. Gerade bei wolkenlosem Himmel ist das nicht einfach (kleiner Tipp: eine Sonnenbrille schont die Augen und kann die Entdeckungswahrscheinlichkeit erhöhen). Wespenbussarde ziehen übrigens regelmäßig in Trupps. Meist sind es bei uns zwar Einzelvögel oder kleine Trupps, aber auch Dutzende oder in seltenen Fällen Hunderte Individuen können gemeinsam ziehen oder in einer Schraube an Höhe gewinnen.
Die Bestimmung von Wespenbussarden ist für Beginner:innen nicht einfach. Innerhalb der Greifvögel sind sie mit den echten Bussarden (Gattung Buteo) gar nicht näher verwandt, die Ähnlichkeit ist also eher auf eine konvergente Evolution als Anpassung an eine ähnliche Lebensweise zurückzuführen. Sie sind etwas größer und langflügeliger als Mäusebussarde, der taubenartige Kopf und vor allem der lange und manchmal auffällig breite Schwanz lassen oft auch eine Bestimmung anhand der Silhouette zu. Rohrweihen können manchmal erstaunlich ähnlich wirken, haben aber einen schmaleren Schwanz. Die größte Verwechslungsgefahr sind aber natürlich Mäusebussarde, die bei uns die häufigsten mittelgroßen Greifvögel darstellen und durchaus auf dem Zug beobachtet werden. Sollten Gefiedermerkmale erkennbar sein, hilft die meist auffällige Bänderung auf den Schwingen und im Bereich der Schwanzbasis. Gute Bestimmungsbücher zeigen die wesentlichen Merkmale.
Wir hoffen, Sie und Ihr habt Lust gewonnen, in den nächsten Tagen verstärkt auf Greifvögel zu achten. Wir drücken die Daumen, dass auch tatsächlich Wespenbussard & Co Spektiv und Fernglas kreuzen werden. Beobachtungen sollten wie gewohnt bei ornitho.de bzw. via NaturaList-App gemeldet werden, wobei die Zugrichtung in den Detailangaben bzw. unter der Präzisierung der Beobachtung nicht fehlen sollte.
18.08.2023
Aktuelle Hinweise zur Suche nach Mornellregenpfeifern
Jetzt im Spätsommer, etwa zwischen Mitte August und Mitte September, ist es wieder so weit: Eines der spannendsten Phänomene des Vogelzugs im Binnenland Mitteleuropas lässt sich nun wieder beobachten. Auf frisch gegrubberten Äckern, oft in Kuppenlagen oder auf leicht südwestexponierten Hängen rasten an traditionellen Plätzen wieder Mornellregenpfeifer. Die besten Chancen bestehen meist früh morgens, bevor das Flimmern der Luft die Sicht deutlich einschränkt. Überfliegende Vögel werden oft anhand ihrer Rufe entdeckt. In NRW gibt es zwei recht gut bekannte Rastplätze, der eine befindet sich in der Hellwegbörde, der andere in der Zülpicher Börde. Auch in anderen Regionen Deutschlands gibt es vor allem in den Mittelgebirgen einige bekannte Rastplätze. Erfahrungsgemäß sind jetzt wieder viele Beobachter*innen unterwegs. Wer unterwegs ist, sollte einige Hinweise beachten, denn immer wieder kommt es zu Störungen der Vögel oder auch zu Konflikten mit der Landwirtschaft. Fast überall gilt Wegegebot, Feldwege dürfen nicht zugeparkt werden (und oft auch nicht befahren werden). Vor allem aber hat das Wohlergehen der Vögel immer Vorrang. Mornells gelten zwar als wenig störempfindlich, aber das muss keineswegs immer gelten - wenn sich die Vögel von Beobachter*innen wegbewegen, sind diese wahrscheinlich doch zu nah. Ein kräftezehrendes Auffliegen sollte unbedingt vermieden werden. Große Menschenansammlungen stören unter Umständen mehr als einzelne Beobachter*innen - vielerorts bitten lokale Ornis und auch Biologische Stationen darum, die Vögel punktgenau und geschützt in ornitho einzutragen bzw. gezielte Suchen vorher abzusprechen! Wer unsicher ist, kann sich ggf. bei seinen ornitho-Regionalkoordinator*innen erkundigen.
Bei all den Vorsichtsmaßnahmen bleibt die Suche nach Rastplätzen - auch zum Schutz dieser Art - wichtig. Wer Mornells suchen möchte, sollte also vor allem mal in den Gebieten nachsuchen, die bisher weniger gut abgedeckt sind. Es würde nicht überraschen, wenn es noch Rastplätze gibt, die wir bisher nicht auf dem Schirm haben. Übrigens, auch Negativkontrollen sind wichtig und sollten in ornitho eingetragen werden. Bitte geben Sie wann immer möglich auch das Alter der Vögel an. Aus dem Verhältnis von Alt- zu Jungvögeln sind möglicherweise Rückschlüsse auf den diesjährigen Bruterfolg möglich. Die aktuelle Verbreitungskarte zeigt, dass Mornellregenpfeifer fast überall in NRW auftauchen können. Und spannende Beobachtungen sind zu dieser Jahreszeit in der Feldflur nahezu garantiert. Viele andere Vögel ziehen nun durch und überfliegende rufende Stelzen und Pieper (inklusive Brachpieper) sowie durchziehende Greifvögel wie Weihen und Milane oder Falken wie Baumfalke, Merlin und Rotfußfalke werden immer wieder bei der Mornellregenpfeifersuche entdeckt.
Eine schöne Bestimmungshilfe für Mornellregenpfeifer gibt es hier; einen Überblick über die Herbstrast der Mornellregenpfeifer mit weiteren Hintergrundinformationen gibt es in diesem frei verfügbaren Falke-Artikel. Tonaufnahmen der Flugrufe gibt es z.B. bei xeno-canto.
17.08.2023
Seltener Gast über der Geschäftsstelle
Normalerweise melden wir uns aus der Geschäftsstelle ja mit Terminen, Berichten, Tipps, Vereinsnews, Monitoringprogrammen & Co während es für konkrete einzelne Vogelbeobachtungen natürlich bessere Austauschmedien gibt (www.ornitho.de ist sicher für alle die erste Adresse). Heute machen wir aber eine Ausnahme und melden uns einfach mal mit einer schönen Vogelbeobachtung.
Ein Schlangenadler flog heute über die NWO-Geschäftsstelle. Wir konnten den Vogel vergleichsweise niedrig unmittelbar über uns beobachten. Die Art, die sich namensgebend vor allem von Schlangen und Echsen ernährt, ist ein in Europa insgesamt recht seltener Greifvogel. In NRW ist der Schlangenadler als Brutvogel sogar längst ausgestorben. Ein Überblick über die historischen Vorkommen wurde erst kürzlich von Michael Schmitz im Charadrius veröffentlicht. Es gibt aber immer mal wieder einzelne Sichtungen dieser Art, die bei uns dementsprechend als Ausnahmeerscheinung auftritt. Meldungen sollten dann bei unserer Avifaunistischen Komission dokumentiert werden und auch diese Beobachtung muss erst noch offiziell anerkannt werden.
Kathrin Schidelko & Darius Stiels
13.07.2023
Neue Online-Präsentationen – die NWO bei Förtax, GoNature und Bürger schaffen Wissen
Wer diesen Text hier auf unserer Homepage liest, weiß es natürlich längst: Wer sich für die NWO und das ehrenamtliche Vogelmonitoring interessiert, findet alle notwendigen Informationen auf dieser Internetseite. Für Außenstehende oder Zugezogene, die sich bisher wenig mit dem Vogelmonitoring beschäftigt haben, sind wir jedoch vermutlich noch nicht so leicht zu finden. Die NWO ist daher jetzt auch in der „FörTax“-Datenbank zu finden und auch bei „GoNature“ präsent. Zuletzt haben wir uns zudem bei „Bürger schaffen Wissen“ angemeldet.
Bei FörTax finden sich Spezialist:innen für Artenkenntnis. Wenn es um Vögel geht, ist die NWO hier bestens aufgehoben und hat sicherlich für sich den Anspruch, eine der ersten Ansprechpartner:innen in NRW zu sein. FörTax wird vom Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (dem Museum Koenig, Bonn), der Delattinia Naturforschende Gesellschaft des Saarlandes und der Fachdidaktiv der Universität Bonn organisiert und im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt gefördert. Die NWO stellt sich hier als ornithologischer Fachverband vor.
GoNature spricht insbesondere jüngere Menschen an, die sich ehrenamtlich im Natur- und Artenschutz engagieren möchten und auf der Suche nach zentralen Angeboten sind. Hier sind wir bisher mit dem Monitoring häufiger Brutvögel (MhB), dem Monitoring seltener Brutvögel (MsB) und der Wasservogelzählung (WVZ) vertreten. GoNature wird ebenfalls vom Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert und außerdem von der Heinz-Sielmann-Stiftung unterstützt.
„Bürger schaffen Wissen“ sieht sich als zentrale Plattform für „Citizen Science“ in Deutschland. Die Ehrenamtsplattform ist ein Gemeinschaftsprojekt von Wissenschaft im Dialog (gGmbH), dem Museum für Naturkunde Berlin und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die NWO stellt sich hier allgemein als wichtige Anlaufstelle für das ehrenamtliche Vogelmonitoring in NRW vor. Wir nennen einige Beispiele, ohne aus dem vielfältigen Angebot, einzelne hervorheben zu wollen.
Wir sind gespannt, ob sich über diese Programme weitere Engagierte finden, hoffen aber natürlich auch, dass zumindest die Sichtbarkeit der NWO noch weiter vergrößert wird.
Links zu den genannten Online-Plattformen
FörTax
GoNature
Bürger schaffen Wissen
03.07.2023
Junge Flussseeschwalbe stirbt qualvoll an Angelhaken
Wir berichteten kürzlich an dieser Stelle zum Stand der diesjährigen Flussseeschwalben-Saison in NRW. Waren die letzten Informationen trotz Vogelgrippe noch vorsichtig optimistisch, haben Barbara Meyer und Stefan Sudmann nun keine guten Nachrichten und machen auf eine weitere ernsthafte Gefahr für fischfressende Vögel aufmerksam.
Im Zuge des landesweiten Flussseeschwalbenmonitorings in NRW im Auftrag des LANUV fanden wir in einer Kolonie am Niederrhein eine junge tote Flussseeschwalbe, die einen Angelhaken verschluckt hatte. Die Schnur hing noch aus dem Schnabel und hatte sich um einen Pfahl gewickelt. Vermutlich hing an dem Haken ein Köderfisch, der von einem Altvogel erbeutet und dann verfüttert wurde. So gelangte der Haken bis in den Magen des Jungvogel, der in einer Woche flügge geworden wäre.
Leider war dies nicht der erste Fall, aber bislang waren in einer anderen Kolonie stets Altvögel betroffen (Sudmann (2011), Charadrius 47: 196-199). Deshalb geht unser eindringlicher Appell an die Angelsportler:innen, keine Angelleinen zu kappen, wenn ein Vogel einen Köderfisch erbeutet hat, sondern den Vogel vorsichtig zu bergen und den Haken wieder zu entfernen – notfalls durch eine:n Tierarzt/Tierärztin. Dies gilt nicht nur für Flussseeschwalben, sondern auch für Eisvögel, Haubentaucher und andere fischfressende Vogelarten.
Barbara C. Meyer & Stefan R. Sudmann
30.06.2023
Monitoring hift bei Vogelgrippe
Flussseeschwalben sind in Nordrhein-Westfalen sehr seltene Brutvögel, die in wenigen Kolonien, meist auf künstlichen Nisthilfen (Flößen) vor allem am Niederrhein und an der Weser brüten. In vielen Regionen Europas wütete seit letztem Jahr die „Vogelgrippe“ (HPAI - hochpathogene aviäre Influenza) unter Flussseeschwalben. Umso wichtiger zu schauen, wie es 2023 in NRW bisher aussieht. Barbara Meyer und Stefan Sudmann geben ein aktuelles Update.
Im Zuge des landesweiten Flussseeschwalbenmonitorings in NRW im Auftrag des LANUV wurden leider sieben tote Altvögel in einer Brutkolonie an der Weser und einer am Niederrhein gefunden. An beiden Stellen fanden sich auch ein paar tote Lachmöwen. Die Kadaver wurden eingesammelt und über die Veterinärämter untersucht. Alle wurden positiv auf H5N1, einer hochpathogenen Variante der „Vogelgrippe“, getestet.
Bei der nächsten Kontrolle der beiden betroffenen Flussseeschwalbenkolonien, etwa drei Wochen später, wurden keine weiteren Altvögel tot aufgefunden. In der Kolonie an der Weser brüteten 15 Paare, davon 14 auf einem von der Biostation Minden-Lübbecke neu ausgelegten Floß. In der niederrheinischen Kolonie sind es 17 Brutpaare, die nun Küken großziehen. Auch den Lachmöwen geht es gut. Dies zeigt, dass man bei frühzeitiger Beseitigung infizierter Kadaver im Rahmen eines Bruterfolgsmonitorings wahrscheinlich Brutkolonien vor einer weiteren Ausbreitung tödlicher Viren schützen kann.
Im Wattenmeer kam es in einigen Kolonien gegenüber 2022 zu einer Halbierung des Brutbestands. Demgegenüber ist der Rückgang der Anzahl der Brutpaare aller kontrollierten Brutstandorte in NRW von 204 (2022) auf 169 Paare 2023 moderat. Hoffen wir auf eine weiterhin gute Saison, so dass der Rückgang bald wieder ausgeglichen werden kann.
Barbara C. Meyer & Stefan R. Sudmann