Wie sieht ein vogelfreundlicher Garten aus?

Die Biodiversitätskrise macht vor dem menschlichen Siedlungsbereich nicht halt und immer mehr Menschen bemühen sich darum, in ihrem eigenen Umfeld einen kleinen Beitrag zum Naturschutz zu leisten. Mittlerweile findet man eine Vielzahl an teils widersprüchlichen Vorschlägen, so dass wir hier versuchen, einen strukturierten Überblick über einige Maßnahmen zu geben, die Vögeln und anderen Organismen in Gärten, auf dem Balkon oder der Terrasse das Leben erleichtern.

 

Elster
Gartenrotschwänze tragen den Garten sogar im Namen, auch wenn sie in NRW nur noch lokal in Gärten brüten (© Hans Glader)

Wie wichtig sind Gärten eigentlich für die Vogelwelt?

Vogelarten sind nicht alle gleich, einige sind Zugvögel, andere Standvögel, sie haben ganz unterschiedliche Brutplätze und Nahrungsgewohnheiten und auch ihre bevorzugten Lebensräume unterscheiden sich. Da sich auch unser Siedlungsumfeld im Laufe der letzten Jahrzehnte stark verändert hat, hat sich damit auch die Vogelwelt verändert. Einst typische Dorfvogelarten, die eher halboffene Lebensräume besiedeln, stehen heute oft auf der Roten Liste und Gebäudebrüter haben es an modernen sanierten Gebäuden schwer, Brutplätze zu finden. Mit immer mehr und älteren Bäumen sind einst typische Waldvogelarten immer mehr in die Städte vorgedrungen. Einige Arten dürften einen nicht unwesentlichen Anteil ihres Brutbestandes im Siedlungsraum haben, aber ganz genaue Zahlen fehlen uns hier. Gärten machen einen nicht unwesentlichen Anteil an der Fläche Deutschlands aus: im Internet finden sich Zahlen, dass jede:r zweite Einwohner:in Zugang zu einem Garten am Haus hat und allein in NRW gibt es noch ca. 118.000 Kleingärten. Das unterstreicht zwar die Bedeutung von Gärten als Lebensraum, aber gern gezogene Vergleiche mit Schutzgebieten sind problematisch. Im schlimmsten Fall kann die Konzentration von am Ende leider arg begrenzten (finanziellen) Naturschutzbemühungen auf den Siedlungsbereich auch kontraproduktiv sein. Im eigenen Garten wird eben kaum eine Uferschnepfe ihre Jungen großziehen, auch die tollsten Gartenteiche werden keine nennenswerten Wasservogelbestände beherbergen und auch gartenreiche Neubaugebiete zerstören eben die Lebensräume von Rebhühnern & Co. Gleichzeitig beherbergen Dörfer, Weiler und Einzelgehöfte oft sogar eine höhere Artenvielfalt als die Umgebung und nicht wenige auch mittlerweile bedrohte Arten leben im Siedlungsumfeld.

Welche Maßnahmen funktionieren grundsätzlich?

Fast alle Maßnahmen drehen sich um wenige wesentliche, oft eng miteinander verknüpfte Aspekte, die es auch zu beachten gilt, wenn das Siedlungsumfeld vogelfreundlich sein soll. Dazu gehören Nahrung und Wasser, der Schutz vor menschlichen Gefahren und geeignete Brutplätze. Nur wenn möglichst alle „Grundbedürfnisse“ erfüllt sind, werden Vögel tatsächlich von einem Garten als Lebensraum profitieren können.

 

Rotkehlchen
Rotkehlchen leben ganzjährig in Gärten
(© Angelika Meister)

Nahrung

Heimische Vögel ernähren sich zur Brutzeit vor allem von wirbellosen Tieren, also Insekten, Spinnen und „Würmern“ (Regenwürmer gehören zu den Ringelwürmern). Ein insektenfreundlicher Garten ist also auch ein vogelfreundlicher Garten. Einige Arten ernähren sich auch von Wirbeltieren – Greifvögel und Eulen fressen oft Nager und Vögel. Auch Eier oder Jungvögel stehen im Frühjahr auf dem Speiseplan einiger anderer Vogelarten, erstmal kein Grund zur Sorge, denn in aller Regel gibt es keinen entscheidenden negativen Einfluss auf die Bestände anderer Arten.

Manche Arten ernähren sich eher vegetarisch. Sie fressen Samen und Früchte, allerdings von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Bluthänfling) füttern auch Körnerfresser wie Buchfink und Haussperling ihre Jungen mit Wirbellosen. Die bevorzugte Nahrung der Altvögel wechselt teilweise im Jahresverlauf – Drosseln und Grasmücken fressen vor dem Wegzug energiereiche Früchte, Pirole, die sonst auf behaarte Raupen spezialisiert sind, fressen auch reife Kirschen. Nahrung sollte dementsprechend ganzjährig vorhanden sein. Bei der Bepflanzung sollten heimische Pflanzen den Vorzug erhalten. Auch Früchte von Ziergehölzen werden oft gefressen, aber hier können Vögel als unfreiwillige Verbreiter invasiver Pflanzen wie dem Kirschlorbeer auftreten. Unter den Sträuchern gilt die Kornelkirsche als Vogelmagnet, die ganzjährig Vögeln Nahrung bietet (Früchte und Insekten).

Eine klassische Maßnahme für einen naturnahen Garten ist eine ein- oder zweimal jährlich gemähte Wildwiese, die vielen Insekten als Lebensraum dient. Gartenvögel sind allerdings nicht unbedingt Grünlandarten, Amseln und Singdrosseln, aber auch Stare und Gartenrotschwänze benötigen aber auch eine gute Nahrungsverfügbarkeit. Randstrukturen wie ein Weg durch die Wildwiese oder eine angrenzende Spielwiese sind also nicht unbedingt falsch. Das soll aber keine Ausrede für einen womöglich noch mit Bioziden belasteten und vom Mähroboter getrimmten englischen Rasen sein, der in seiner Leblosigkeit nur von Schottergärten (im Internet als „Gärten des Grauens“ bekannt) übertroffen wird. In Nutzgärten (natürlich torffrei und ohne Biozide und Kunstdünger) erhöhen natürlich offene Bodenstellen (Beete) die Verfügbarkeit von Engerlingen, Regenwürmern u.a.

Übrigens, das gezielte Füttern von Vögeln mit andernorts angebauten Futtermitteln bereitet zwar vielen Menschen Freude und ermöglicht schöne Beobachtungen, sollte aber nicht als effizienter Beitrag zum Naturschutz propagiert werden. Es ist daher besser als separates Thema zu behandeln.

Wasser im Garten

Wasser im Garten gefällt nicht nur Menschen. Ein Naturteich beherbergt eine Vielzahl von Organismen. Vögel finden Nahrung und Bademöglichkeiten. Vor allem trinken die meisten Vögel regelmäßig; das gilt insbesondere, aber nicht nur, für Körnerfresser, deren Nahrung einen vergleichsweise geringen Feuchtigkeitsanteil hat. Natürliche Gewässer in der Größe der meisten Gartenteiche sind meist fischfrei. Wer dennoch Fische hat, sollte Eisvogel und Graureiher akzeptieren und auf eine reiche Unterwasservegetation als Versteck für die Fische setzen. Selbst Kleinstteiche, die auf Balkon oder Terrasse passen, werden teilweise von Vögeln genutzt. Wo es noch Schwalben gibt, finden sie an Pfützen Lehm zum Bau ihrer Nester. Vor allem Sperlinge baden natürlich gerne im Sand, z.B. auf unbefestigten Wegen, so dass auch trockene Sandbadestellen Teil eines größeren Gartens sein können.

Schutz

Das Siedlungsumfeld beinhaltet menschengemachte Gefahren. Spiegelnde Glasfronten und Fenster sind oft eine Todesfalle für Vögel und sollten durch aufgeklebte Muster entschärft werden. Die bekannten Greifvogelsilhouetten funktionieren jedoch nicht. Vögel kollidieren beim Umfliegen der Silhouette und können sehr wohl einen Aufkleber von einem Sperber unterscheiden. Stattdessen gibt es Punkt- oder Streifenmuster zum Aufkleben, die eine hohe Wirkung haben und den Ausblick kaum beeinträchtigen. Bottiche, Viehtränken oder eingefasste Wasserbecken und -teiche (ein Naturteich ist eh besser) sollten immer eine Ausstiegshilfe haben, damit dort Vögel nicht ertrinken. Katzen haben in einem vogelfreundlichen Garten leider keinen Platz. Die eigene Katze sollte drinnen bleiben, Freigänger aus der Nachbarschaft lassen sich leider meist nur kurzfristig vertreiben und natürlich können auch Hunde Vögel vertreiben. Haustierhaare sind oft biozidbelastet (Flohmittel) und schädlich für Vögel und sollten daher nicht draußen entsorgt oder gar als Nistmaterial ausgelegt werden.

Brutplätze

Die meisten Gartenvögel brüten in Gebüschen, Bäumen oder an Gebäuden inklusive Schuppen oder auch mal einem Holzstapel. Nur wenige Bodenbrüter (Zilpzalp und Rotkehlchen brüten bodennah) leben im Siedlungsumfeld. Die meisten Arten bauen ihre Nester frei oder in Höhlen oder Halbhöhlen. Im besten Fall stehen diese Brutplätze natürlicherweise zur Verfügung. Es bieten sich dornen- bzw. stachelbewehrte Sträucher an, wobei Schlehe, Weißdorn & Co bei vielen menschlichen Gartenfans aufgrund ihrer Ausbreitungsfreude eher unbeliebt sind. Ziergehölze wie Kirschlorbeer oder Thuja sind ganzjährig grün und werden von vielen Vogelarten daher zur Nestanlage genutzt, bieten aber oft weit weniger Schutz vor Prädatoren. Der Heckenschnitt sollte natürlich zur Brutzeit unterbleiben. Nistkästen werden oft von Höhlenbrütern angenommen, da im Gartenumfeld oft nur wenige Bäume ein Alter erreichen, in dem sich natürliche Höhlen bilden. Obsthochstämmen im Nutzgarten kommt hier eine große Bedeutung zu. Wer Nistkästen aufhängt, sollte in jedem Fall ein paar Dinge beachten.

 

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