Aktuelle Meldungen
14.02.2024
Rote Liste verdeutlicht Naturkrise: Mehr als die Hälfte der Brutvogelarten in NRW ist bedroht
Die Situation der Vögel in Nordrhein-Westfalen hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Das zeigt die neue Rote Liste der Brutvögel unseres Bundeslandes, die jetzt von der Nordrhein-Westfälischen Ornithologengesellschaft e.V. (NWO) gemeinsam mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) herausgegeben worden ist. Hauptgefährdungsursachen sind menschliche Eingriffe, vor allem die intensive Landnutzung. Vögel landwirtschaftlich genutzter Flächen sind besonders bedroht, aber auch in anderen Lebensräumen ist die Situation besorgniserregend. Natur- und Artenschutzmaßnahmen müssen deutlich ausgebaut und intensiviert werden, um eine Trendumkehr zu erreichen und einen weiteren Verlust der biologischen Vielfalt zu verhindern.
In Nordrhein-Westfalen leben 190 heimische Brutvogelarten. Von diesen befinden sich 100 Arten (53 %) in einer Gefährdungskategorie der Roten Liste, 24 davon sind bereits ausgestorben und 23 sind vom Aussterben bedroht. Das sind netto sieben gefährdete Arten mehr als bei der letzten Roten Liste von 2016. Insgesamt wurden zwölf Arten in eine höhere Gefährdungskategorie eingestuft, neun wurden herabgestuft und vier wurden neu bewertet.
Welche Vögel sind gefährdet?
Gefährdet sind vor allem Vögel des Offenlandes, d.h. Vogelarten landwirtschaftlicher Flächen und Vögel sogenannter Sonderstandorte wie Heiden und Moore. Auf der Roten Liste finden sich Feldvögel wie Rebhuhn („stark gefährdet“), Wiesenweihe („vom Aussterben bedroht“), Feldlerche („gefährdet“) und Feldsperling („gefährdet“). Auch der Vogel des Jahres 2024, der Kiebitz, weist starke Bestandsrückgänge auf und gilt deshalb als „stark gefährdet“. Besonders kritisch ist die Situation bei Vögeln feuchter Wiesen, Weiden und Moore: Bekassine, Uferschnepfe, Braunkehlchen und andere sind vom Aussterben bedroht. Anhaltend besorgniserregend ist die Situation bei Vögeln der Seen und Flüsse. Schilfbewohner wie Wasserralle („stark gefährdet“) oder Blaukehlchen („gefährdet“) zeugen davon. Etwas besser sieht es bei einigen Arten des Siedlungsraumes aus, wobei es auch hier negative Entwicklungen gibt, z.B. bei Vögeln, die an Gebäuden brüten wie den Insekten jagenden Schwalben. Die Vogelarten der Wälder zeigen Zu- und Abnahmen. Das Haselhuhn, eine Art der Urwälder oder historisch genutzten Niederwälder, steht akut vor dem Aussterben. Und weil es andernorts ähnlich aussieht, wird die lokale Unterart, das Westliche oder Rheinische Haselhuhn, wohl auch global aussterben. Langfristig positive Entwicklungen gab es dagegen bei einigen Großvögeln – bekannte Vogelarten wie Kranich, Weißstorch, Uhu und Wanderfalke gelten bereits seit einigen Jahren wieder als ungefährdet. Nach jüngsten Bestandszunahmen konnte auch der Haussperling aus der Roten Liste entlassen werden, auch wenn die Population sehr viel niedriger ist als noch vor wenigen Jahrzehnten.
„Auffällig ist, dass die Situation vor allem bei ehemaligen sogenannten „Allerweltsarten“ bedrohlich ist. Diese haben jedoch oft eine besonders wichtige Rolle in Ökosystemen. Positive Entwicklungen sehen wir fast nur noch bei einigen Generalisten, die sich in einer stark von intensiver menschlicher Nutzung überformten Landschaft zurechtfinden“, so einer der Autoren, Michael Schmitz von der NWO.
Woran liegt es?
Die Ursachen für die negativen Bestandsentwicklungen sind fast ausnahmslos seit Langem bekannt und dokumentiert: An erster Stelle steht der Verlust natürlicher bzw. naturnaher Lebensräume durch einen fortschreitenden Landnutzungswandel. Eine wichtige Rolle spielt die intensive Landwirtschaft mit dem Verlust von Rückzugsgebieten wie Brachflächen und dem intensiven Einsatz von Bioziden und Kunstdüngern, der Verlust der Nahrung (Insekten u.a. Wirbellose), bauliche Maßnahmen und Infrastruktur z.B. im Rahmen der Energiewende, Störungen durch Freizeitnutzung, direkte Verfolgung im Brut-, Durchzugs- und Überwinterungsgebiet und Prädation (z.B. durch invasive Arten).
Erstmals macht sich auch der Klimawandel mehr als deutlich in der Roten Liste bemerkbar. Für zehn Arten mussten im Zuge wiederkehrender Dürren sogenannte Risikofaktoren vergeben werden. Ihre Lebensräume trocknen aus und feuchtere Phasen bringen nur kurzfristige Besserung.
„Klimakrise und Artenkrise sind eng miteinander verknüpft und verstärken sich gegenseitig. Notwendige Transformationsprozesse im Energie-, Mobilitäts- und Agrarbereich bieten die Möglichkeit, beide Krisen gleichzeitig anzugehen, Natur- und Vogelschutz darf aber nicht auf der Strecke bleiben“, so Klaus Nottmeyer, Vorsitzender der NWO und Mitautor der Roten Liste.
Was muss getan werden?
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Oliver Krischer, schreibt in seinem Vorwort: „Rote Listen zeigen faktenreich und basierend auf jahrzehntelanger Analyse auf, dass wir unseren Einsatz für Natur- und Artenschutz deutlich erhöhen müssen und bei allen Nutzungen unserer Landschaft mitdenken müssen.“ Die konkreten Handlungserfordernisse und ihre Wirksamkeit sind eingehend erforscht. Maßnahmen sind sowohl in Schutzgebieten als auch außerhalb in der sogenannten Normallandschaft erforderlich. In der Landwirtschaft benötigen wir eine Reduktion von Düngemitteln und Bioziden, bestehende Agrarumweltmaßnahmen im Bereich des Vertragsnaturschutzes müssen ausgebaut werden. Wir brauchen mehr Brachen in der Landschaft. Im Wald können Wildnisgebiete, aber auch Programme zur Förderung wichtiger Lebensraumstrukturen (z.B. Altholzinseln) helfen. Gewässer müssen großräumig renaturiert werden – lebendige Auen, Kleingewässer und Röhrichte sind nicht nur Hochwasserschutz und Klimaanpassungsmaßnahme, sondern auch essentiell für den Erhalt der Artenvielfalt. Im Siedlungsraum ist der Erhalt und die Neuschaffung von Brutplätzen und Lebensraumstrukturen, z.B. bei der energetischen Gebäudesanierung, entscheidend. Bei der Planung von Anlagen zur Gewinnung regenerativer Energien ist eine besondere Berücksichtigung des Artenschutzes unabdingbar. Naturschutzgebiete und das NATURA-2000-Netzwerk müssen frei von Anlagen bleiben.
Einige dieser Maßnahmen werden in Teilen bereits umgesetzt. So gelang es immerhin, das einst häufige Braunkehlchen vorerst vor dem Aussterben zu bewahren und den Lebensraum des kleinen Restbestandes zu sichern. Geplante Maßnahmen für Feuchtwiesenarten können zumindest lokal positive Auswirkungen auf gefährdete Enten und Watvögel haben. Beschlossene und rechtlich gebotene Maßnahmen in den Schutzgebieten müssen aber endlich konsequent umgesetzt werden. Zudem muss die Schutzgebietskulisse vor dem Hintergrund des Ziels der EU, 30 % der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen, auch in NRW deutlich erweitert werden.
„Die bisherigen Erfolge im Vogelschutz in NRW zeigen, dass eine Trendwende durchaus möglich ist, wenn die in der Roten Liste genannten Handlungserfordernisse befolgt werden“, so Stefan Sudmann von der NWO.
Die Rote Liste der Brutvögel fußt maßgeblich auf großem behördlichem und ehrenamtlichem Engagement. Um auch zukünftig den Zustand der Vogelwelt fachkundig beurteilen zu können, ist nicht zuletzt auch ein weiterer Ausbau des Vogelmonitorings in NRW notwendig.
Originalveröffentlichung
Sudmann, S.R., Schmitz, M., Grüneberg, C., Herkenrath, P., Jöbges, M.M., Mika, T., Nottmeyer, K., Schidelko, K., Schubert, W. & Stiels, D. 2023. Rote Liste der Brutvogelarten Nordrhein-Westfalens, 7. Fassung, Stand: Dezember 2021. Chararius 57: 75–130.
Direkter pdf-Download (ca. 7.6 Mb)
Sudmann et al 2023 Rote Liste Brutvögel NRW 2021
Pressemitteilung der NWO zur neuen Roten Liste
06.02.2024
Start in die Spechtsaison 2024
Kaum eine Vogelgruppe ist so eng mit Wäldern verbunden wie die Spechte. Sie sind Indikatorarten für den Zustand dieses Lebensraums und als Baumeister des Waldes schaffen sie Brutplätze für viele andere Organismen, von Vögeln über Fledermäuse bis hin zu vielen Arthropoden. Ihr Hunger auf holzbewohnende Larven sorgt zudem dafür, dass sie eine weitere wichtige Rolle als Insektenfresser im Ökosystem Wald innehaben. Spechte haben nicht zuletzt oft faszinierende Lautäußerungen (Trommeln) und sind auch äußerlich echte Hingucker.
Umso wichtiger ist es, die Veränderungen im Bestand bei dieser Vogelgruppe möglichst genau zu überwachen. Aufgrund ihrer großen Reviere ist das aber über die normalen Standarderfassungsprogramme für häufige Arten gar nicht so einfach und mit möglichen Fehlern verbunden. Aus diesem Grund gibt es ein spezielles Spechtmonitoring. Die Erfassungen laufen als Modul des Monitorings seltener Brutvögel des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten und werden in NRW durch die NWO organisiert. Das Modul ist wenig aufwändig und erfordert lediglich zwei frühmorgendliche Begehungen in bestimmten Zeiträumen und in geeignetem Lebensraum, wobei eine Klangattrappe (ein Handy und ein Lautsprecher sind notwendig) eingesetzt wird. Feste Routen und Erfassungspunkte können unter Beachtung einiger kleiner Vorgaben selbst gewählt werden! Voraussetzung zum Mitmachen ist lediglich eine gute Kenntnis der heimischen Spechtarten inklusive ihrer Lautäußerungen. Routen sollten dabei nach Möglichkeit langfristig (d.h. über mehrere Jahre) erfasst werden. Bisher weist unser Routennetz in NRW noch Lücken auf: In der Mitmachbörse können Sie sich informieren, wo bereits gezählt wird. Zwar gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine freien Routen, aber fast überall wo aktuell im Umfeld keine Routen sind, besteht natürlich grundsätzlich Bedarf.
Wir würden uns daher sehr freuen, wenn Sie Lust haben, mitzumachen. Mit Ihrer Hilfe können wir Trends bei dieser Vogelgruppe bestimmen und wichtige Wissenslücken schließen.
Alle Details zum Programm inklusive einem Merkblatt sowie genaue Anleitungen zur Methodik in ornitho.de oder der NaturaList-App finden Sie hier. Um mitzumachen, bitten wir Sie, sich vor dem Start unbedingt per Mail an unsere Ansprechpartner zu wenden. Diese richten gerne gemeinsam mit Ihnen eine Route ein und beantworten alle vorhandenen Fragen. Die neue Saison startet bereits am 21. Februar!
ps: Für alle, die schon dabei sind, gibt es hier noch ein paar aktuelle Informationen.
24.01.2024
DO-G-Gänsetagung in Lauenburg
Die Fachgruppe Gänseökologie der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft und der Dachverband Deutscher Avifaunisten haben sich am Wochenende 19.01. bis 21.01.2024 in Lauenburg an der Elbe zur Gänsetagung getroffen.
Gut 50 Teilnehmende konnten sich in 20 Vorträgen über Bestände, Verbreitung und Verhalten von Gänsen und Schwänen sowie Untersuchungs- und Auswertungsmethoden informieren. Die NWO war mit der Arbeitsgruppe Gänse vertreten, die die Ergebnisse der aktuellen Gänse- und Schwanenzählungen der letzten Winter vorstellte. Auf einer Exkursion am Samstagnachmittag in die Elbtalaue konnten unter anderem Bläss- und Tundrasaatgänse sowie – für Ornis aus Nordrhein-Westfalen viel spannender – Sing und Zwergschwäne beoabchtet werden, aber auch mehrere Seeadler.
18.01.2024
NWO-Fortbildung: Bestimmung und Kartierung von Greifvögeln
Greifvögel sind eine faszinierende und für die Naturschutzpraxis hoch relevante Vogelgruppe. Leider ist ihre Bestimmung nicht immer einfach und ihre Erfassung wird durch die versteckte Lebensweise im Brutrevier erschwert. Mit diesem Seminarangebot möchte die NWO ihren Mitgliedern und weiteren Interessierten helfen, diese Schwierigkeiten zu überwinden und sich mehr mit diesen Vögeln zu beschäftigen.
Die Veranstaltung findet am Sonntag, den 24. März 2024 von 10:00 bis 17:00 in der Biologischen Station der Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz Soest (ABU) statt (Adresse: Bad Sassendorf Lohne, Teichstraße 19). Am Vormittag werden in einem Vortrag Bestimmung und Lebensweise der Arten erläutert, am Nachmittag werden die Kenntnisse auf einer Exkursion in das VSG Hellwegbörde vertieft.
Geleitet wird das Seminar von Jens Brune, Leiter der AG Greifvögel, und von Patrick Hundorf von der ABU. Die Teilnahmegebühr beträgt 30,00 € (incl. Imbiss und Pausengetränke) und ist während der Veranstaltung bar zu entrichten. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Mitglieder der NWO haben bei der Anmeldung Vorrang.
Wir bitten um eine verbindliche Anmeldung per E-Mail mit Angaben von Nachname, Vorname, NWO-Mitgliedschaft, Wohnort und Mailadresse (ggf. Tel.-Nr.) bis zum 17. März 2024 bei Jens Brune, Tel. 0173-9726827 (wochentags).
12.01.2024
Ankündigung Mitgliederversammlung und Jahrestagung 2024
Die diesjährige Mitgliederversammlung und Jahrestagung wird am 17. März 2024 in der Natur- und Umweltakademie des Landes NRW (NUA) in Recklinghausen stattfinden.
Die Veranstaltung beginnt um 09:30 Uhr und endet um 17:00 Uhr. Vormittags findet unsere Mitgliederversammlung statt. Eine entsprechende Einladung mit den Details der Mitgliederversammlung wird demnächst über den Charadrius auch an alle Mitglieder versandt. Danach beginnt das Vortragsprogramm mit Beiträgen zu verschiedensten ornithologischen Themen und Vogelgruppen. Das traditionelle Vogelquiz darf selbstverständlich auch nicht fehlen. Für Verpflegung ist gesorgt. Die Teilnahme ist selbstverständlich kostenlos und Gäste sind herzlich willkommen, lediglich um eine Spende für Essen und Getränke wird wie üblich gebeten. Uns ist klar, dass der diesjährige Termin an einem Zählwochenende stattfindet, wir hoffen aber, ein ornithologisches Wochenende passt in Ihren Terminkalender.
Wir sind der Meinung, dass es wieder ein spannendes Programm gibt und hoffen auf Ihre rege Teilnahme. Der Flyer der Veranstaltung inklusive Anfahrt und Details kann hier heruntergeladen werden.
11.01.2024
Saatkrähenmonitoring in Nordrhein-Westfalen
Das Monitoring der Saatkrähe in NRW soll fortgeführt werden. Dazu sind wir auf Unterstützung angewiesen.
Saatkrähen sind Koloniebrüter, die in NRW vor allem im Tiefland verbreitet sind. In den letzten Jahrzehnten hat sich ihr Brutbestand vielerorts erfreulicherweise gesteigert. Die Brutbestände bei uns werden seit langer Zeit von vielen Erfasser:innen gezählt. Manfred Scholz hat die Daten gewissenhaft und mit großem Aufwand zusammengetragen. Sein Tod im Juni letzten Jahres ist ein großer Verlust für die Avifaunistik im Land.
Aktuell hat Michael Jöbges sich bereit erklärt, die Ergebnisse der letzten Jahre aufzubereiten. Er bzw. die NWO hat die Daten dankenswerterweise vom Arbeitskreis Umwelt und Heimat erhalten. Wer also noch Daten hat, die noch nicht weitergereicht wurden, kann sich gerne bei ihm melden (michael.joebges@gmx.de ). Geplant ist auch eine Veröffentlichung der Ergebnisse aus rund 50 Jahren Saatkrähenzählung.
Alle Aktiven sind aufgerufen, das Saatkrähenmonitoring im Sinne von Manfred Scholz fortzuführen. Zukünftig wird bei der Erfassung natürlich dem entsprechenden ornitho-Modul im Rahmen des Monitorings seltener Brutvögel eine entscheidende Rolle zukommen. Aktuell gibt es noch keine zentral verantwortliche Person, die die zukünftige Koordinationsarbeit übernimmt. Wer bereits im Saatkrähenmonitoring aktiv ist und Interesse hat, kann sich gerne bei Michael Jöbges und der NWO-Geschäftsstelle melden.
10.01.2024
Mitmachbörsen für das Monitoring seltener Brutvögel
Die Monitoringprogramme von DDA und NWO beinhalten als eine von drei wichtigen Säulen das Monitoring seltener Brutvögel (MsB). Nun gibt es weitere Mitmachbörsen für die Module des MsB.
Das MsB besteht aus sogenannten Modulen, die einzelne Arten oder Artengruppen behandeln. Es handelt sich um ein Trendmonitoring, d.h. wir möchten damit die Entwicklung von Beständen überwachen. In Einzelfällen kann die Abdeckung aber natürlich auch so gut sein, dass Gesamtbestände erfasst werden. Im MsB finden sich Module für Vogelarten, die zu selten sind, um ihre Bestandsentwicklung über das Monitoring häufiger Brutvögel zu erfassen. Das betrifft z.B. viele Koloniebrüter, Arten mit großen Revieren oder Vögel, die auf bestimmte Lebensräume spezialisiert sind wie z.B. viele Wasservögel.
Grundsätzlich können alle, die Interesse haben und ein geeignetes Gebiet kennen, sich auch ohne Blick in die Mitmachbörse bei den entsprechenden Koordinierenden melden. Wir helfen selbstverständlich gerne! In der Mitmachbörse ist nun aber auch eine Kulisse hinterlegt, in der aktuell besetzte und unbesetzte Gebiete einsehbar sind, so dass hier eine erste Orientierung gegeben ist.Wichtig ist jedoch zu wissen, dass auch wenn in der Mitmachbörse keine nahegelegenen Gebiete zu sehen sind, diese dennoch natürlich existieren können. So kann es in der Regel nie eine komplett vollständige und abgeschlossen Kulisse geben. Vogelbestände und selbst Landschaften können sich dynamisch ändern, neue Lebensräume entstehen (z.B. Abgrabungen, in denen Uferschwalben brüten), andere Bereiche fallen womöglich weg. Außerdem ist die Kulisse für die meisten Arten noch im Aufbau. Beim MsB sind wir stärker als bei anderen Monitoringmodulen auf Ihr Wissen und Ihre Vorkenntnis angewiesen. Neue Gebiete in die Kulisse aufzunehmen ist meist problemlos möglich und gewünscht! Melden Sie sich auf jeden Fall bei den zuständigen Koordinierenden. Bitte beachten Sie auch, dass einige als frei angesehene Gebiete aufgrund äußerer Umstände doch nicht vergeben werden können, z.B. weil es Zugangsbeschränkungen gibt.
Die Mitmachbörsen finden sich hier. Wir wünschen viel Spaß beim Stöbern und hoffen, Sie demnächst bim MsB begrüßen zu dürfen.
09.01.2024
Weißstörche in NRW im Höhenflug
Die Rückkehr des Weißstorches in Nordrhein-Westfalen ist einer der größten landesweiten Artenschutzerfolge der letzten Jahrzehnte. Von drei Brutpaaren im Jahr 1991 erfolgte eine Populationszunahme auf 705 Paare im Jahr 2022 mit insgesamt 1.203 ausgeflogenen Jungvögeln.
Die Entwicklung in NRW spiegelt sich auch in ganz Deutschland. Der Sympathieträger Weißstorch hat in NRW von umfangreichen Arten- und Naturschutzmaßnahmen profitiert und vom Engagement vieler Akteurinnen und Akteure. Auch das veränderte Zugverhalten, wahrscheinlich in Folge veränderter Nahrungsgrundlagen und ggf. des Klimawandels, ist Ursache für die Bestandszunahme.
In einer aktuellen Veröffentlichung aus unserer AG Weißstorch berichten Michael Jöbges, Birgit Beckers und Gerhard Lakmann über diese Erfolgsgeschichte des Natur- und Artenschutzes. Weißstörche besiedelten Nordrhein-Westfalen wahrscheinlich im 16. Jahrhundert. Vermutlich war der Bestand dabei noch nie so groß wie heute. Der Schwerpunkt der Verbreitung liegt heute wie wohl auch in früheren Zeiten im Tiefland Westfalens und am Niederrhein. Die meisten Horstpaare leben im Kreise Minden-Lübbecke, wo die Art selbst zu Zeiten des Bestandstiefs im Jahr 1991 noch brütete. Weißstörche haben von vielen Schutzmaßnahmen wie LIFE-Projekten zur Wiederherstellung ihrer Lebensräume profitiert. Hinzu kommen markante Veränderungen des Zugverhaltens. Die Population in NRW gehört zu den sogenannten Westziehern. Die Vögel überwintern heute vielfach bereits auf der Iberischen Halbinsel, während der Zug über die Meerenge von Gibraltar nach Westafrika heute seltener als früher stattfindet. Die meisten Weißstörche kommen im Februar/März in NRW an und verlassen unser Bundesland meist ab Ende Juli bis September mit einem Höhepunkt des Durchzugs im August. Jungvögel ziehen meist vor den Altvögeln. Wenige Weißstörche überwintern auch bei uns, ihre Zahl liegt vielleicht bei etwa 30-40 und ist seit mehereren Jahren ziemlich konstant. Brutplätze befinden sich zwar zu 80 % auf Nistplattformen, aber der Anteil der Baumbrüter liegt bei erstaunlichen 18 %. Besiedelt werden hier besonders naturnahe Auenlebensräume. Weißstörche haben offensichtlich keine Probleme, geeignete Nistplätze zu finden.
Die AutorInnen wehren sich dagegen, Weißstörche als „Problemart“ anzusehen. Entsprechende Aussagen aus der Landwirtschaft, der Jäger:innenschaft oder auch von einzelnen Naturschützer:innen, die über einen negativen Einfluss auf andere Arten mutmaßen, sind unbegründet. Der Bestandsrückgang bei vielen Arten der Kulturlandschaft hängt von anderen Faktoren ab als von der Zunahme des Weißstorchs.
Der Artikel erschien in der Zeitschrift Natur in NRW (Heft 4/2023) und kann kostenlos als pdf hier heruntergeladen werden.
07.01.2024
Neuer Rundbrief Gänse und Schwäne
Im aktuellen Rundbrief zu Gänsen und Schwänen in NRW berichten Christine Kowallik, Daniela Kupschus und Kees Koffijberg ausführlich über neueste Ergebnisse aus dem Monitoring dieser charismatischen Wintergäste.
Erfreulicherweise konnten wichtige neue Zählgebiete in die Kulisse aufgenommen werden. Für viele Arten sind die aktuell hohen Wasserstände nahezu ideal und Gänse können auch in Gebieten auftauchen, in denen sie sonst nur selten beobachtet wurden. In den letzten Jahrzehnten wurde beobachtet, dass Gänse im Herbst immer früher in ihren Winterquartieren in NRW ankamen. Dieser Trend scheint sich aber mittlerweile nicht mehr fortzusetzen. Auch 2023 wurden große Zahlen erst nach der Zählung Mitte Oktober festgestellt. Aktuelle Rastzahlen deuten auf hohe Bestände an Blässgänsen in diesem Winter hin. Ob sogar ein neues Maximum erreicht wird, ist aber zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Immer wieder gelingen auch interessante Ringableseungen, wie das im Bericht geschilderte Beispiel von Wiederfunden aus in Finnland beringten Graugänsen zeigt. Das Ablesen von Farbringen gelingt mit einem Spektiv oft erstaunlich gut. Vogelbeobachtende können damit einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Bewegungsmuster dieser Vögel leisten. Sowohl bei Tundrasaat- als auch Blässgänsen ist der Jungvogelanteil dieses Jahr erstaunlich hoch und auch für andere arktische Gänse sieht das Muster ähnlich aus. Es könnte eines der besten Brutjahre seit 2005 sein. Außerdem liegen bereits vorläufige Ergebnisse der Saison 2022/2023 vor: Das Wintermaximum wurde im Februar erreicht, wobei die Zahlen vielfach im Bereich vergangener Jahre liegen. Bei Tundrasaatgänsen könnte eine Verlagerung der Bestände aus den Niederlanden zu uns nach NRW stattgefunden haben. Aufgrund der aktuellen Wetterlage – angesagter Frost und extrem niedrige Temperaturen in Südskandinavien – sind alle sehr gespannt, was die anstehende Januarzählung bringen wird.
Der Rundbrief ist frei als pdf hier verfügbar. Wer Lust hat, an einem unserer Monitoringprogramme teilzunehmen, findet hier Möglichkeiten für jeden Kenntnisstand und jedes Zeitbudget.
04.01.2024
Seltenheit aus dem Gebirge: Mauerläufer in NRW
Wenn wir an seltene Vögel im Winter denken, ist es naheliegend, Besuch aus dem hohen Norden zu erwarten. In den letzten Wochen kamen z.B. Eistaucher, Seidenschwänze und Taigabirkenzeisige. Es gab diesen Winter bereits Beobachtungen seltener Enten wie Berg-, Trauer- und Samtenten. Aber eine besondere Vogelart begeistert seit einiger Zeit die „Birdingszene“ in NRW, die aus dem Süden kommt und dort eigentlich im Gebirge lebt.
Am 18. Dezember wurde ein Mauerläufer am Kuckstein bei Bonn-Oberkassel entdeckt, am 24.12. waren sogar zwei Vögel gleichzeitig dort. Am 27.12. wurde dann ein Vogel (mutmaßlich eines der beiden Individuen vom Kuckstein, aber so genau wissen wir das nicht) in den Felswänden des Drachenfels (Rhein-Sieg-Kreis) festgestellt. Auch heute wurde noch von beiden Orten je ein Vogel gemeldet. Beobachter:innen mit teils weiterer Anreise haben sich die Vögel mittlerweile angeschaut. Außerdem hält sich bei unseren Nachbarn in Rheinland-Pfalz an Burg Rheinfels in St. Goar seit dem 12.12. ein Mauerläufer auf. Es sind also mindestens drei Vögel, die das Mittelrheintal als Winterquartier ausgewählt haben. Berücksichtigt man die vielen Felswände, aber auch Burgen und Ruinen, stellt sich unweigerlich die Frage, ob wirklich alle Vögel entdeckt worden sind. Es kann sich dementsprechend lohnen, aktuell auch an ungewöhnlichen Plätzen die Augen auf zu halten. So ein Mauerläufer könnte vielleicht auch den Kölner Dom als Winterquartier wählen…
Mauerläufer sind Brutvögel der Gebirge. Sie brüten dort oft an unzugänglichen Steilwänden, teilweise in der Nähe von Wasserfällen. Sie sind ausgewiesene Felsspezialisten. Mit ihrem langen gebogenen Schnabel finden sie ihre Beute, kleine wirbellose Tiere wie Spinnen, Insekten und deren Larven in Felsritzen. Im winterlichen Schlichtkleid haben Männchen und Weibchen eine helle Kehle. Sie sind oft sehr aktiv, ständiges Flügelzucken ist recht auffällig. Dabei fallen auch die phantastischen rot-weißen Flügelabzeichen auf. Der Flug mit breiten Flügeln erinnert an einen Schmetterling oder vielleicht auch entfernt an einen Wiedehopf. Mauerläufer sind aber viel kleiner und in großen Feldwänden nicht immer leicht zu entdecken. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von den Pyrenäen über die Alpen, die Hohe Tatra, den Balkan, Kleinasien und den Kaukasus bis in die Gebirge Asiens. Im Winter sind sie zwar auch in tiefer gelegenen Bereichen zu beobachten, aber außerhalb des Alpenraums sind Beobachtungen in Mitteleuropa meist Ausnahmeerscheinungen. In NRW sind sie große Seltenheiten mit bisher 15 Meldungen, wobei in ein bis zwei Fällen dieselben Vögel betroffen sein könnten (Quelle: AviKom NRW 2017: Seltene Vögel in Nordrhein-Westfalen). Die wenigen Beobachtungen konzentrieren sich tatsächlich etwas auf das Mittelrheintal bei Bonn, es gibt aber auch Beobachtungen aus anderen Landesteilen, z.B. aus dem Sauerland, aber selbst aus Kleve oder von den Externsteinen gibt es je eine Feststellung.
Es bleibt abzuwarten, wie lange die Vögel noch ihr Winterquartier bei uns besetzen. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, ist ein Verbleiben bis in den März hinein nicht ganz ausgeschlossen. Wir bitten alle Beobachter:innen, sich streng an das Wegegebot zu halten und Rücksicht auf Vögel, Natur und Mitmenschen zu nehmen. Da Mauerläufer recht mobil sind, ist manchmal etwas Geduld erforderlich. Zwar gelangen auch Beobachtungen auf kürzeste Entfernung, aber oft ist ein Spektiv hilfreich und mindestens ein Fernglas erforderlich. Aktuelle Beobachtungen finden sich in der Regel bei ornitho.de. Beobachter:innen bitten wir, eigene Beobachtungen dort ebenfalls via ornitho.de zu melden (bitte gelben Gebietspunkt verwenden). Der Drachenfels hat ausgewiesene Parkplätze und ist auch in wenigen Minuten zu Fuß vom Bahnhof Rhöndorf erreichbar.
22.12.2023
Grüße zum Jahresende
Das Jahr 2023 ist auf der Zielgeraden und das gilt dementsprechend auch für die diesjährigen Tätigkeiten in der NWO-Geschäftsstelle. Einige Dinge stehen noch an, aber bis zum Jahresende werden wir voraussichtlich etwas weniger gut erreichbar sein und unsere Öffentlichkeitsarbeit ein paar Tage zurückschrauben. Im neuen Jahr werden wir wieder für Sie da sein.
Wir hoffen sehr, Sie hatten ein gutes Jahr. Wir freuen uns, wenn Ihnen schöne Vogelbeobachtungen gelungen sind, ein langersehnter Lifer oder eine tolle Beobachtung im Garten oder in Ihrem lokalen Lieblingsgebiet. Vielleicht hatten Sie tolle Erlebnisse beim Vogelmonitoring, eine verschwundene Art, die wieder aufgetaucht ist oder einfach eine schöne Morgenstimmung. Wer jetzt gute Vorsätze für das neue Jahr macht, der/dem legen wir natürlich eine Beteiligung am Vogelmonitoring nahe. Die Auswahl der Programme und Module wächst beständig, so dass für alle etwas dabei ist. Vielleicht gelingt es Ihnen auch, neue Mitglieder für die NWO zu gewinnen. Vogelschutz und Vogelmonitoring in NRW brauchen viel mehr Unterstützung. An dieser Stelle möchten wir uns aber vor allem für Ihr bisheriges Engagement bedanken, egal, ob praktisch oder ideell und nicht zu letzt auch finanziell!
Wir wünschen Ihnen und Ihren Lieben frohe Feiertage, beeindruckende Naturerlebnisse, Gesundheit und alles Gute für 2024.
Ihre NWO-Geschäftsstelle
Kathrin Schidelko & Darius Stiels
21.12.2023
Ehrendoktorwürde für Heinz-Otto Rehage
Unser Mitglied Heinz-Otto Rehage erhielt diese Woche die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Geowissenschaften der Universität Münster. Die Nordrhein-Westfälische Ornithologengesellschaft und mit ihr natürlich alle Mitglieder gratulieren ganz herzlich zu dieser Auszeichnung! Heinz-Otto Rehage ist nicht nur vogelkundlich enorm bewandert und engagiert, sondern hat an zahlreichen Organismengruppen gearbeitet und sein Wissen über Jahrzehnte weitergegeben. Weil wir seine vielen fachlichen Verdienste und seinen großartigen Einfluss auf Forschung und Lehre hier an dieser Stelle nicht in ausreichender Form wiedergeben können, erlauben wir uns, die entsprechende Mitteilung der Universität Münster zu zitieren:
Besondere und seltene Auszeichnung: Der Fachbereich Geowissenschaften der Universität Münster hat Heinz-Otto Rehage die Ehrendoktorwürde verliehen. Es ist erst das vierte Mal, dass der Fachbereich diese Auszeichnung vergeben hat. Er würdigt damit die besonderen Verdienste des gebürtigen Dortmunders in der ökologisch-biologischen Landesforschung in Westfalen und darüber hinaus. Heinz-Otto Rehage, Jahrgang 1934, hat in seiner Funktion als Leiter der Außenstelle des LWL-Museums für Naturkunde am Heiligen Meer im Kreis Steinfurt über viele Jahre das Kursprogramm konzipiert und als Dozent sein Wissen an viele Menschen weitergegeben.
„Heinz-Otto Rehage wirkte im hohen Maß an der Ausbildung von Studierenden der Bio- und Geowissenschaften mit und legte damit für viele Absolventinnen und Absolventen seit über 70 Jahren den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere – in der Wissenschaft und der Praxis“, betont der Dekan des Fachbereichs Prof. Dr. Norbert Hölzel während der Feierstunde. Die feierliche Zeremonie fand im Planetarium des LWL-Museums für Naturkunde statt. Gewürdigt wurde Heinz-Otto Rehage unter anderem durch die beiden Initiatoren der Promotion Prof. Dr. Sascha Buchholz vom Institut für Landschaftsökologie und Dr. Jan Ole Kriegs, Direktor des LWL-Museums für Naturkunde.
Bereits als Kind entdeckte Heinz-Otto Rehage seine Liebe zur Vogelwelt und zur Käferfauna. Als gelernter Chemielaborant und biologischer Autodidakt verfasste er mehr als 160 Fachartikel zu diversen Themen aus Botanik, Entomologie, Ornithologie, Limnologie, Geografie und Landschaftsgeschichte sowie zur regionalen Biodiversität. Seine erste Veröffentlichung publizierte er im Jahr 1955 über die Brutbiologie von Dorngrasmücken und Blaukehlchen, mehrere aktuelle Publikationen befinden sich gerade im Druck. Heinz-Otto Rehage beruflich wie ehrenamtlich stets eng dem LWL-Museum für Naturkunde verbunden und arbeitete auch mit Arbeitsgruppen der Universität Münster zusammen. „Seit seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1998 arbeitet er quasi täglich ehrenamtlich im Museum und betreut kuratorisch die naturkundlichen Landessammlungen mit – sein Wissen ist für uns von unschätzbarem Wert“, erläutert Jan Ole Kriegs.
Aufgrund vieler wissenschaftlicher Arbeiten von Heinz-Otto Rehage bietet das LWL-Museum für Naturkunde eine herausragende Forschungsinfrastruktur und zahlreiche historische Referenzen, etwa Sammlungen oder Feldbücher, um präzise Aussagen zur Veränderung der Artenvielfalt im Laufe der Zeit zu treffen.
„Sowohl für die Wissenschaft als auch für die Lehre sind diese Kenntnisse von unschätzbarem Wert“, sagt Sascha Buchholz. „In Zeiten des globalen Wandels sind vergleichende Untersuchungen notwendig, um Prozesse zu verstehen und Maßnahmen für den Schutz der Umwelt und des Klimas zu entwickeln und umzusetzen.“