Aktuelle Meldungen
23.09.2025
Rückblick auf MsB-Saison: Binnengewässer
Feuchtgebiete sind Hotspots der Biodiversität und Binnengewässer haben überragende Bedeutung für die Artenvielfalt. Sie sind Trinkwasserspeicher, regulieren das Klima und haben Erholungsfunktion. Der Überwachung von Bestandsveränderungen von Wasservögeln als Indikatoren und um ihrer selbst Willen kommt daher eine herausragende Bedeutung zu. Für Brutvögel greift hier seit Kurzem das Binnengewässer-Modul im Rahmen des Monitorinsgs seltener Brutvögel, von dem nun erste Ergebnisse der Saison 2025 vorliegen.
Das Monitoring der brütenden Wasservögel umfasst streng genbommen zwei unterschiedliche Module: das Röhrichtbrüter-Modul entlang von Transekten und das Binnengewässer-Modul, welches auf Probeflächen stattfindet. Über erweiterte Artenlisten können mit dem einen aber auch die Arten des anderen Moduls miterfasst werden. Da ausgedehnte Schilfgebiete in NRW selten sind, findet bei uns vor allem das Binnengewässermodul Anwendung.
Bundesweit hat die Zahl der Probeflächen mit nun 666 Erfassungseinheiten (553 Binnengewässer- + 113 Röhrichtbrütergebiete) weiter zugenommen, wobei nach einer vorläufigen Auswertung bisher für das Jahr 2025 aus 244 Erfassungseinheiten Daten übermittelt wurden. In NRW lief im letzten Jahr eine intensive Konsolidierung der vergebenen Flächen. Dadurch hat sich die Zahl der vergebenen Flächen formal deutlich reduziert, gleichzeitig ging es aber mit der Zahl der Flächen mit Datenrücklauf deutlich nach oben (n=31). Wir hoffen aber sehr, die Gebietskulisse zu erweitern. Dazu sind wir auf IHre Mithilfe angewiesen. Die Module sind nicht aufwendig und umfassen lediglich drei Begehungen in vordefinierten Zeiträumen, wer Dommeln und seltenere Rallen in seinem Gebiet vermutet, kann zwei Nachtbegehungen ergänzen. Besonders attraktiv sind aber auch Erfassungen an Fließgewässern im Mittelgebirge, wo bereits zwei Begehungen pro Jahr ausreichen. Gerne richten wir ein neues Zählgebiet für Sie in Ihrer Nähe ein. Alle Informationen finden Sie hier. Die Daten gehen selbstverständlich auch in die ADEBAR-Erfassungen ein, so dass Sie sowohl dem Trendmonitoring als auch den Zielen des Atlas durch Ihre Teilnahme helfen.
Spannend ist ein erster bundesweiter Blick in die Daten. So konnten bisher fast alle Wasservögel, die Ziel der Module sind, auch mit diesen nachgewiesen werden, lediglich für sieben sehr lokale Arten fehlen bisher Daten (z.B. Brautente oder Ohrentaucher). Inhaltlich zeigt eine beisielthafte Betrachtung der beiden häufigtsen Lappentaucher, dass sich die Abnahme des Brutbestands des Haubentauchers leider fortsetzt, während es beim Zwergtaucher trotz trockenen Frühjahrs etwas besser als im Vorjahr aussah. Auch beim Teichhuhn, durchaus eine Art mit Bestandsabnahmen, sah es bundesweit 2025 wieder etwas besser aus. Der gesamte Bericht des Dachverbands Deutscher Avifaunisten mit vielen weiteren Informationen kann hier heruntergeladen werden. Wr bedanken uns herzlich bei allen Kartierenden für Ihr großes Engagement.
22.09.2025
Berichtshefte der ABO online
Unsere Regionalgruppe im Bergischen Land, die Arbeitsgemeinschaft Bergischer Ornithologen, hat lange Jahre in regelmäßogen Abständen Berichtshefte herausgegeben. Viele dieser Hefte sind nun online bei der NWO verfügbar.
Die Arbeitsgemeinschaft Bergischer Ornithologen ist ein lockerer Zusammenschluss von inzwischen über 100 Vogelfreund*innen. Ziel ist es, gemeinsam die Vogelwelt im Bergischen Land zu erkunden, zu erfassen und zu dokumentieren. Das Beobachtungsgebiet umfasst den Raum zwischen der Wupper im Norden und der Sieg im Süden. Im Westen sind Wahner Heide und Ohligser Heide sowie der Königsforst eingeschlossen, im Osten bildet der Oberbergische Kreis die Grenze.
In den letzten Jahrzehnten wurden 70 Berichtshefte herausgegeben. Die Hefte enthalten interessante Originalarbeiten, avifaunistische Auswertungen oder spannende anekdotische Beobachtungen sowie ornithologische Sammelberichte. Die Hefte aus den Jahren 2000 bis 2019 (ab Heft 36) stehen nun von wenigen Ausnahmen angesehen auf unserer Homepage zum freien Download im pdf-Format zur Verfügung. Wir gratulieren herzlich zur vorbildlichen und erfolgreichen Synchronisierung!
Die Hefte und weitere Informationen zur ABO gibt es hier.
17.09.2025
Wahl zum Vogel des Jahres 2026 – Kandidatencheck aus NRW-Sicht
Es ist wieder soweit - die Wahl zum Vogel des Jahres steht bevor. Welche Vogelart soll 2026 stellvertretende Botschafterin eines wichtigen Naturschutzthemas werden? NABU und LBV lassen seit einigen Jahren die Bevölkerung abstimmen: Jede:r kann sich noch bis zum 9. Oktober 2025 an dieser PR-Aktion für den Vogelschutz beteiligen (www.vogeldesjahres.de). Wir stellen Ihnen die fünf Kandidaten aus NRW-Sicht vor – als neutraler „Wahlomat“ selbstverständlich in systematischer Reihenfolge.
Rebhuhn Perdix perdix
Das Rebhuhn steht wie nur wenige Arten für den Schwund der Artenvielfalt in unserer Agrarlandschaft. Einst waren die Vögel auf allen Äckern und Gründlandflächen ausgesprochen häufig und jedem Kind bekannt. In den letzten Jahrzehnten kam es jedoch zu einem massiven Bestandsrückgang, der die Vögel zu einem seltenen Anblick hat werden lassen. Bestandstrends werden im Rahmen des MsB Rebhuhn überwacht. In NRW ist die Art zwar zumindest im Tiefland immer noch einigermaßen weit verbreitet, es gibt aber bereits größere Verbreitungslücken. Schwerpunkte gibt es noch in einigen Börderegionen. In strukturarmen Monokulturen aus Energiepflanzen können die Vögel nicht überleben, Wegraine und Grünländer sind verschwunden oder durch Mahd ungeeignet geworden und Überdüngung sowie Pestizideinsatz verringern die Nahrungsgrundlage. In strukturarmen Lebensräumen gibt es zudem keinen Schutz vor Prädatoren wie Füchsen, sodass das Überleben des Geleges und der brütenden Weibchen vielfach nicht mehr sicher ist. Helfen können spezielle Agrarumweltmaßnahmen, z.B. im Rahmen des Vertragsnaturschutzes. Angewandte Forschungsprojekte am Rebhuhn, national wie international, haben mittlerweile aufgezeigt, wie dieser Feldvogel zu retten ist. Jetzt geht es daran, die Maßnahmen gemeinsam mit der Landwirtschaft auch großflächig umzusetzen, damit das Rebhuhn langfristig bei uns überleben kann. In NRW gilt das Rebhuhn laut aktueller Roter Liste als stark gefährdet. NABU und LBV werben mit der Art für „Felder voller Leben“.
Zwergtaucher Tachybaptus ruficollis
Zwergtaucher gehören wahrscheinlich eher zu den weniger bekannten Wasservögeln unserer Gewässer. Sie brüten vor allem auf flachen, vegetationsreichen Seen, Teichen und Weihern. Während des bei uns vor allem im Herbst auffälligen Durchzugs oder auch im Winter sind sie auch auf Fließgewässern anzutreffen. Sie sind deutlich kleiner als ihre meist leichter zu beobachtenden Verwandten. Mit Haubentaucher & Co gehören Zwergtaucher zu den Lappentauchern, so genannt wegen ihrer charakteristischen Schwimmfüße. Die nächsten Verwandten der Lappentaucher sind übrigens die Flamingos. Zwergtaucher sind exzellente Taucher, die unter Wasser nach Insekten bzw. deren Larven, Fischen und Amphibien jagen. Mit ihrem kontrastreich gefärbten rotbraunen und schwarzen Gefieder sind Zwergtaucher im Prachtkleid ein echter Hingucker. Manchmal taucht nur der Kopf aus dem Wasser auf, aber oft liegen Zwergtaucher sehr hoch im Wasser, so dass das Hinterende weit herausragt. Wer ihren trillernden Ruf kennt, wird Zwergtaucher sehr viel häufiger feststellen, sind sie doch in dichter Ufervegetation oft gar nicht leicht zu entdecken. In NRW sind Zwergtaucher vor allem im gewässerreichen Tiefland verbreitet, aber auch in den Mittelgebirgen gibt es Vorkommen. Im Brutvogelatlas werden für den Zeitraum 2005 bis 2009 1100 bis 1600 Reviere angegeben. Die Bestände können jedoch in Abhängigkeit von der Wasserverfügbarkeit stark schwanken. Wer selbst Zwergtaucher erfassen möchte, kann sich am MsB Binnengewässerarten beteiligen. NABU und LBV werben mit dem Spruch „Tauchen statt Trockenlegen“ mit der Art für den Erhalt und die Wiederherstellung von Feuchtgebieten und naturnahen Stillgewässern.
Schleiereule Tyto alba
Eulen üben seit jeher als nachtaktive Vögel eine besondere Faszination auf Menschen aus und unter diesen haben Schleiereulen nochmal eine Sonderstellung inne. Sie sind die einzigen europäischen Vertreter einer eigenen Eulengruppe. Ihr helles Gefieder und die fauchenden Rufe können einerseits etwas unheimlich wirken, andererseits sind sie eng an das Leben in der Nähe des Menschen angepasst. Natürliche Brutplätze sind selten, die meisten Schleiereulen brüten in Gebäuden wie Scheunen, Kirchtürmen oder auf Dachböden. Nicht selten werden Nistkästen angenommen, die von Aktiven im Vogelschutz betreut werden. Sie erbeuten vor allem Kleinsäuger im Offenland und dementsprechend schwanken ihre Bestände sehr stark in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von Feldmäusen. In manchen Jahren brüten Paare gar nicht, in anderen folgen mehrere Bruten mit vielen Jungen aufeinander, eine Strategie, die sonst in dieser Form in der heimischen Vogelwelt so kaum zu beobachten ist. Nach kalten Wintern mit hoher Schneedecke oder Firn, die die Jagd behindern, brechen die Bestände oft zusammen. Schnee und Eis sind aufgrund des Klimawandels seltener geworden, die Bestände entwickelten sich kurzfristig positiv, langfristig betrachtet bleibt die Bestandsentwicklung aber negativ. Für die Jahre 2005 bis 2009 wurde der Bestand in NRW auf 3400 bis 5500 Paare geschätzt, wobei die Hochlagen der Mittelgebirge oft unbesiedelt sind. Mit dem Wahlspruch „Gib mir ein Dach“ wird vor allem für Nistmöglichkeiten geworben, Schleiereulen benötigen aber auch eine ausreichende Nahrungsgrundlage und viele Vögel sterben auch, da sie nicht selten im Bereich von Straßen und Bahnlinien nach Nahrung suchen.
Waldohreule Asio otus
Unter den Kandidaten für den Vogel des Jahres findet sich eine weitere Eulenart, mit der Waldohreule vielleicht die unbekannteste unter den weit verbreiteten Eulenarten. Äußerlich erinnern Waldohreulen mit ihrem braunen Gefieder, den auffälligen Federohren und orangen Augen an die viel größeren Uhus. Auch der Gesang, ein in kurzem Abstand wiederholtes „Hu“, erinnert an den großen Cousin und ist vielleicht eine Form von Mimikry. In NRW kommen Waldohreulen in allen Großregion vor und leben sowohl im Tiefland als auch im Mittelgebirge. Anders als der Name vermuten lässt, brüten Waldohreulen eher in Feldgehölzen oder am Waldrand. Sie leben auch in Siedlungen, z.B. in Parks und großen Gärten, wo alte Rabenkrähen- und Elsternester Brutmöglichkeiten bieten. Waldohreulen zu beobachten ist aufgrund der heimlichen Lebensweise nicht einfach. Am auffälligsten sind sicherlich die hohen Bettellaute der Jungvögel. Im Winter bilden Waldohreulen nicht selten Schlafgemeinschaften und sind dann auch tagsüber zu beobachten. Der Wahlspruch „Ohren auf, Vielfalt an“ weist darauf hin, dass Waldohreulen auf eine reich strukturierte artenreiche Landschaft angewiesen sind. Hier jagen sie ihre Beute, vor allem Kleinsäuger. Ähnlich wie bei der Schleiereule kommt es auch bei Waldohreulen zu Verlusten im Verkehr. Für den Atlaszeitraum vor mehr als 15 Jahren werden für NRW 2500-5500 Reviere angegeben, wobei Schwerpunktvorkommen im Münsterland liegen. Bestandabnahmen haben dazu geführt, dass Waldohreulen in NRW als „gefährdet“ in der Roten Liste der Brutvögel geführt werden müssen.
Amsel Turdus merula
Amseln sind in NRW die häufigsten Brutvögel im Siedlungsbereich und bedürfen eigentlich kaum einer weiteren Vorstellung. Die ehemaligen scheuen Bewohner schattiger Wälder singen auf Hausdächern und fehlen selbst in Hochhaussiedlungen nicht, sofern es einzelne Bäume oder Gebüsche gibt. Regenwürmer werden auf kurzrasigen Flächen inklusive Vorgärten und Sportplätzen gesucht. Amseln können mehrfach im Jahr brüten und so Verluste meist wieder ausgleichen. In NRW sind sie ganzjährig zu beobachten. Amseln stehen also stellvertretend für die Artenvielfalt im Siedlungsbereich. Darauf weist auch der Wahlspruch von NABU und LBV „Beeren statt Beton“ hin. Insbesondere außerhalb der Brutzeit fressen Amseln wie die meisten Drosseln an Früchten. Jetzt im Herbst sieht man sie beispielsweise an Weißdornbeeren und auch heruntergefallene Äpfel werden genommen. In versiegelten „Gärten des Grauens“, wie Stein- und Betongärten vor allem im Internet vielfach genannt werden, finden selbst Amseln keine Nahrungs- und Brutmöglichkeiten. Die Amselbestände sind in den letzten Jahren zudem regional durch Ausbrüche des Usutu-Virus reduziert worden. Fachpublikationen, die das genaue Ausmaß in NRW explizit und genau beleuchten, gibt es aber nicht. Junge Amseln werden nicht selten Opfer von Hauskatzen und Amseln werden Opfer des Straßenverkehrs. Es gibt also durchaus Naturschutzthemen, die anhand der Amsel beleuchtet werden können. Der Kurzzeittrend in NRW gilt laut letzter Roter Liste als stabil. Der Brutvogelatlas gab eine Bestandsspanne von 930.000 bis 1.100.000 Brutpaaren für NRW an.
Weiterführende Links
Rote Liste der Brutvögel in NRW
Rote Liste der wandernden Vogelarten in NRW
16.09.2025
Steinkauz-Monitoring
Steinkäuze stehen stellvertretend für eine artenreiche Kulturlandschaft, sie sind im Bestand gefährdet und das charismatische Erscheinungsbild eines Steinkauzes ziert das Logo der NWO. Nordrhein-Westfalen beherbergt einen wesentlichen Anteil am mitteleuropäischen Brutbestand und hat dementsprechend eine hohe Verantwortung für diese Art, der wir jetzt mit einem neuen Monitoring-Ansatz weiter Rechnung tragen möchten.
In NRW leben unserem letzten Brutvogelatlas zufolge etwa 5.000 Brutpaare, was etwa 75 % des bundesdeutschen Bestandes ausmacht. Die genaue Bestandsentwicklung ist jedoch nicht so einfach zu überwachen. Langfristig haben die Brutbestände durch Lebensraumverluste abgenommen. Von Jahr zu Jahr kann es Schwankungen geben und die Entwicklungen können regional unterschiedlich verlaufen. Oft hängen sie am Engagement einzelner Vogelschützer:innen, die sich intensiv um den Schutz der Art bemühen, beispielsweise durch das Aufhängen und Betreuen von Nistkästen. Bei einer nachtaktiven Art ist die Überwachung der Trends im Rahmen breit angelegter Monitoringprogramme jedoch gar nicht so einfach, zumal Steinkauzvorkommen keineswegs gleichmäßig in NRW verteilt sind. Die Vorkommen konzentrieren sich auf das Tiefland und dort vor allem auf den Niederrhein und das Münsterland, wobei es auch immer wieder Vorkommen in etwas höheren Lagen gibt und der Klimawandel bisher geglaubte Sicherheiten womöglich auch in Frage stellen könnte. Ein modernes Monitoring erfordert zudem methodisch hohe Standards.
Vor diesem Hintergrund werden wir das Monitoring des Steinkauzes in NRW verbessern und neu aufstellen. Dank der Förderung durch das Land NRW im Rahmen des Atlasprojektes gibt es nun die dafür notwendigen Mittel. Die NWO hat daher die Entwicklung eines Moduls im Rahmen des Monitorings seltener Brutvögel (MsB) angestoßen. Technische Entwicklungen wie die Implementierung in ornitho.de und die NaturaList-App genauso wie die methodische Abstimmung laufen mit unseren Partnern beim Dachverband Deutscher Avifaunisten. Selbstverständlich werden in den nächsten Monaten außerdem noch weitere Exert:innen eingebunden.
Wir sind erwartungsfroh, dass wir Sie bald über weitere Fortschritte zum Steinkauz-Monitoring informieren können. Klares Ziel ist es, damit in den nächsten Jahren sichere Trendaussagen über unsere Steinkauzbestände machen zu können. Dies wird Grundlage, um nicht nur die Ökologie eines der charismatischsten Bewohner unseres Bundeslandes besser zu verstehen, sondern auch den Schutz dieser Art auf ein solideres Fundament zu stellen.
29.08.2025
Beobachtungstipp – Höhepunkt des Wespenbussardurchzugs

Ende August/Anfang September ist der Höhepunkt des Durchzugs der Wespenbussarde in Nordrhein-Westfalen. Wer zu dieser Zeit aufmerksam beobachtet, wird früher oder später auf überfliegende Vögel stoßen. Die Bestimmung erfordert etwas Übung, ist aber zumindest bei nicht zu hoch fliegenden Vögeln meist möglich.
Wespenbussarde gehören zu den Langstreckenziehern unter den heimischen Greifvögeln. Die heimliche Waldart brütet u.a. in Nord- und Mitteleuropa, wo die Vögel erst im Mai ankommen und sich nach vollendeter Brut Ende August bis September wieder auf die lange Reise in die Winterquartiere im tropischen Afrika machen. Als hochspezialisierte Art, die sich gerne von Hymenopteren bzw. ihrer Brut ernährt, würde sie im Winter bei uns nicht ausreichend Nahrung finden. Als Thermiksegler erfolgt die Überquerung von Barrieren oft an speziellen Landmarken – das Mittelmeer wird an seinen engen Stellen überquert, z.B. an der Meerenge von Gibraltar; auch im Gebirge wie in den Alpen werden die Vögel gehäuft an bestimmten Pässen beobachtet. Hier bei uns in NRW scheint der Zug aber überwiegend als Breitfrontenzug stattzufinden. Dennoch lassen sich Greifvögel im Herbst natürlich besonders gut von Kuppen und erhöhten Punkten, die freie Sicht nach Nord bzw. Nordost erlauben, beobachten. Ende August/Anfang September ist die perfekte Zeit, um nach den ersten ziehenden Greifvögeln Ausschau zu halten. Neben Wespenbussarden ziehen nun auch Weihen wie etwa Rohrweihen und mit etwas Glück können auch Fischadler und andere Weihenarten wie z.B. Wiesenweihen beobachtet werden. Mit ganz viel Glück ist auch mal eine echte Seltenheit dabei (hier z.B. eine Schlangenadlerbeobachtung aus dem Jahr 2023, aber auch 2025 gab es Meldungen aus NRW). Wie schon erwähnt, müssen Wespenbussarde warme Aufwinde nutzen, um Höhe zu gewinnen, sie werden also meist erst im Laufe des Vormittages durchziehen. Auch später am Tag können sie natürlich beobachtet werden – in großer Höhe sind sie aber oft nur mit Mühe auszumachen. Gerade bei wolkenlosem Himmel ist das nicht einfach (kleiner Tipp: eine Sonnenbrille schont die Augen und kann die Entdeckungswahrscheinlichkeit erhöhen). Wespenbussarde ziehen übrigens regelmäßig in Trupps. Meist sind es bei uns zwar Einzelvögel oder kleine Trupps, aber auch Dutzende oder in seltenen Fällen Hunderte Individuen können gemeinsam ziehen oder in einer Schraube an Höhe gewinnen.
Die Bestimmung von Wespenbussarden ist für Beginner:innen nicht einfach. Innerhalb der Greifvögel sind sie mit den echten Bussarden (Gattung Buteo) gar nicht näher verwandt, die Ähnlichkeit ist also eher auf eine konvergente Evolution als Anpassung an eine ähnliche Lebensweise zurückzuführen. Sie sind etwas größer und langflügeliger als Mäusebussarde, der taubenartige Kopf und vor allem der lange und manchmal auffällig breite Schwanz lassen oft auch eine Bestimmung anhand der Silhouette zu. Rohrweihen können manchmal erstaunlich ähnlich wirken, haben aber einen schmaleren Schwanz. Die größte Verwechslungsgefahr sind aber natürlich Mäusebussarde, die bei uns die häufigsten mittelgroßen Greifvögel darstellen und durchaus auf dem Zug beobachtet werden. Sollten Gefiedermerkmale erkennbar sein, hilft die meist auffällige Bänderung auf den Schwingen und im Bereich der Schwanzbasis. Gute Bestimmungsbücher zeigen die wesentlichen Merkmale.
Wir hoffen, Sie und Ihr habt Lust gewonnen, in den nächsten Tagen verstärkt auf Greifvögel zu achten. Wir drücken die Daumen, dass auch tatsächlich Wespenbussard & Co Spektiv und Fernglas kreuzen werden. Beobachtungen sollten wie gewohnt bei ornitho.de bzw. via NaturaList-App gemeldet werden, wobei die Zugrichtung in den Detailangaben bzw. unter der Präzisierung der Beobachtung nicht fehlen sollte.
27.08.2025
Flussseeschwalben-Saison 2025
Flussseeschwalben gehören nicht nur zu den elegantesten Brutvögeln Nordrhein-Westfalens, sie sind auch selten und lokal verbreitet. Zwei NWO-Ornis, die sich seit Jahrzehnten um den Schutz der Vögel kümmern, blicken auf die diesjährige Saison zurück.
Die Flussseeschwalbe stand in den 1980er Jahren in Nordrhein-Westfalen kurz vor dem Aussterben. Nur noch wenige Paare versuchten auf Kiesbänken am Rhein zu brüten. Dann wurden mit Hilfe einiger Kiesunternehmen spezielle Nistflöße auf Seen ausgelegt. Diese wurden von den Seeschwalben schnell angenommen, da sie hier vor den meisten Fressfeinden sicher sind. Im Laufe der Jahre ist der Bestand am Niederrhein auf aktuell fast 170 Paare angestiegen, die sich auf etwa zehn Standorte verteilen. Barbara Meyer und Stefan Sudmann kümmern sich seit 1991 um die Flussseeschwalben, kontrollieren die Bestände und beringen die Jungvögel, um den Bruterfolg zu bestimmen. Nach mehr als 30 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit wurde das Monitoring der Flussseeschwalbe 2022 in einer Pilotstudie des LANUK auf das gesamte Bundesland ausgeweitet.
An der Weser gibt es ein weiteres Vorkommen mit gut 30 Brutpaaren, so dass der Landesbestand dieses Jahr bei fast 200 Paaren liegt. In der Roten Liste konnte die Art aufgrund der positiven Entwicklung von der höchsten Gefährdungsstufe auf die dritthöchste Kategorie „Gefährdet“ zurückgestuft werden. Verluste durch die Vogelgrippe vor zwei Jahren wurden wieder ausgeglichen Damals konnten tote Vögel rechtzeitig geborgen werden, so dass das Infektionsgeschehen rechtzeitig gestoppt werden konnte.
Den Erfolg konnten Barbara Meyer und Stefan Sudmann nun dem Umweltminister Oliver Krischer anhand der größten nordrhein-westfälischen Kolonie an der Abgrabung Birgelfeld bei Kalkar vorstellen. Begleitet wurden sie von Sven Dauber von Heidelberg Materials und der Familie Karadag. Die Mitarbeiter der Kiesfirma haben die mittlerweile vier Brutflöße gebaut und Familie Karadag stellt ihr Boot für die Kontrollen zur Verfügung. Die 64 Flussseeschwalbenpaare brüten zusammen mit 21 Paaren Lachmöwen auf den Flößen in friedlicher Koexistenz. Während die ersten Jungvögel bereits umher flogen, waren andere Küken gerade erst geschlüpft. Diese wurden beringt, während bei den älteren die Ringe kontrolliert wurden. Insgesamt zeichnet sich in diesem Jahr wieder ein guter Bruterfolg ab. Die ersten Seeschwalben werden sich nun auf den Weg in die afrikanischen Überwinterungsgebiete machen.
25.08.2025
Rückblick auf die NWO-Exkursion an die Emschermündung und in die Rheinaue Walsum
Am gestrigen Sonntag fand die diesjährige NWO-Exkursion statt. Das Ziel, die Emschermündung, ist ohne Frage eines der spannendsten Renaturierungsprojekte Europas und unter sachkundiger Leitung gab es dort und in der benachbarten Rheinaue Walsum viel zu erfahren und zu entdecken.
Die Emscher galt noch vor wenigen Jahrzehnten als einer der dreckigsten Flüsse Europas und war teilweise buchstäblich Kloake des Ruhrgebietes. In einem ehrgeizigen und Milliarden Euro teuren, langfristig angelegten Plan wird die Emscher nun wieder in ein lebendiges Fließgewässer verwandelt. Eines der wichtigsten Teilgebiete der Emscherrenaturierung ist das Mündungsgebiet der Emscher, das heute nördlich der bisherigen Mündung verläuft. Die alte Mündung ist nur noch als Totarm vorhanden, der allerdings ebenfalls Lebensraum bietet – unter einer denkmalgeschützten Brücke dort leben beispielsweise Fledermäuse. Die Renaturierung der Emschermündung war weitaus schwieriger, als sich viele von uns das womöglich vorgestellt haben. Das Gebiet ist Bergsenkungsgebiet und wir befinden uns in einem der am dichtesten besiedelten Regionen Europas. Es konnte daher leider nicht darum gehen, dem Fluss seine vollkommen eigene Dynamik wiederzugeben, wie das bei anderen Renaturierungsprojekten der Fall ist. Allein 400 km unterirdische Kanäle mussten gebaut werden. Feste Wege für die Wanderung der Fische mussten geplant werden und Hochwasserbecken geschaffen werden, die allerdings eine hohe ökologische Bedeutung für Wasservögel aufweisen. Die Emschermündung ist ein wichtiges Rastgebiet für Krickenten, mehr als 500 Pfeifenten wurden hier gezählt und die Zahl der Schnatterenten hat stark zugenommen, so dass die Stockente nur noch die vierthäufigste Entenart ist. Aktuell brüten auch Wasserralle, Kiebitz und Flussregenpfeifer, Feldlerche und Wiesenpieper kamen als neue Brutvögel hinzu. Insgesamt leben hier rund 100 Vogelarten. Eher unerwartete Probleme bereiteten bei der Renaturierung invasive Nutrias bzw. heimische Biber, die lange Zeit in unseren Regionen verschwunden waren. Das Gebiet ist umzäunt, aber menschliche Störungen nehmen nach der Freigabe der Wege leider zu, da sich nicht alle Menschen an die Umzäunung halten. Die Artenvielfalt ist in einem Flussmündungsgebiet in Bereichen früher Sukzessionsstadien meist höher. Inseln und Halbinseln lassen sich jedoch nicht beweiden, hier wird zukünftig Auwald entstehen und sich die Artenzusammensetzung ändern. Uferbereiche und Deiche werden jedoch mit Schafen beweidet und können vor allem Pflanzen und Insekten des Offenlandes Lebensraum bieten. Das Gebiet hat bisher keinen Schutzstatus.
In unmittelbarer Umgebung der Emschermündung befindet sich die Rheinaue Walsum, die mit 120 Brutvogelarten ebenfalls ausgesprochen artenreich ist. In diesem Jahr gab es ein Wachtelkönigrevier und der Seeadler hat erstmals erfolgreich gebrütet. Feldlerche und Kiebitz kommen vor, aber vom Kiebitz gibt es nur noch Brutversuche. Steinkäuze leiden offenbar stark unter den invasiven Waschbären, so dass der Bestand deutlich gesunken ist.
Unsere Exkursion startete am Emscherhof und ging entlang der Renaturierungsflächen bis zum Rhein, dann auf die südliche Emscherseite und durch die Rheinaue Walsum und schließlich zurück zum Emscherhof. Hier kehrten wir ein, so dass wir uns mit Kaffee und Kuchen bei Fachgesprächen vor der Abreise stärken konnten. Insgesamt waren wir etwas 40 Teilnehmende. Für Fragen zu allen NWO-Themen standen auch der Vorstand und die Geschäftsstelle zur Verfügung. Neben Informationen und Austausch kam auch die Vogelbeobachtung nicht zu kurz: Zu den Highlights gehörten Kiebitze und Flussuferläufer, überfliegende Wespenbussarde, Schnatterenten, Eisvogel und vor allem ein kreisender Seeadler. Gleich zu Beginn wurde ein Rotohrbülbül beobachtet. Diese südostasiatische Art war allerdings aus einem Zoo entwichen. Insgesamt wurden 52 Arten festgestellt.
Unser großer Dank gilt Gunnar Jacobs, Johannes Meßer und Tobias Rautenberg, die ausgesprochen fachkundig die Veranstaltung leiteten!
19.08.2025
Aktuelle Hinweise zur Suche nach Mornellregenpfeifern
Jetzt im Spätsommer, etwa zwischen Mitte August und Mitte September, ist es wieder so weit: Eines der spannendsten Phänomene des Vogelzugs im Binnenland Mitteleuropas lässt sich nun wieder beobachten. Auf frisch gegrubberten Äckern, oft in Kuppenlagen oder auf leicht südwestexponierten Hängen rasten an traditionellen Plätzen wieder Mornellregenpfeifer.
Die besten Beobachtungschancen bestehen meist früh morgens, bevor das Flimmern der Luft die Sicht deutlich einschränkt. Überfliegende Vögel werden oft anhand ihrer Rufe entdeckt. In NRW gibt es zwei recht gut bekannte Rastplätze, der eine befindet sich in der Hellwegbörde, der andere in der Zülpicher Börde. Auch in anderen Regionen Deutschlands gibt es vor allem in den Mittelgebirgen einige bekannte Rastplätze. Erfahrungsgemäß sind jetzt wieder viele Beobachter*innen unterwegs. Wer dort beobachtet, sollte einige Hinweise beachten, denn immer wieder kommt es zu Störungen der Vögel oder auch zu Konflikten mit der Landwirtschaft. Fast überall gilt Wegegebot, Feldwege dürfen nicht zugeparkt werden (und oft auch nicht befahren werden). Vor allem aber hat das Wohlergehen der Vögel immer Vorrang. Mornells gelten zwar als wenig störempfindlich, aber das muss keineswegs immer gelten – wenn sich die Vögel von Beobachter*innen wegbewegen, sind diese wahrscheinlich doch zu nah. Ein kräftezehrendes Auffliegen sollte unbedingt vermieden werden. Große Menschenansammlungen stören unter Umständen mehr als einzelne Beobachter*innen - vielerorts bitten lokale Ornis und auch Biologische Stationen darum, die Vögel punktgenau und geschützt in ornitho einzutragen bzw. gezielte Suchen vorher abzusprechen! Wer unsicher ist, kann sich ggf. bei seinen ornitho-Regionalkoordinator*innen erkundigen.
Bei all den Vorsichtsmaßnahmen bleibt die Suche nach Rastplätzen – auch zum Schutz dieser Art – wichtig. Wer Mornells suchen möchte, sollte also vor allem mal in den Gebieten nachsuchen, die bisher weniger gut abgedeckt sind. Es würde nicht überraschen, wenn es noch Rastplätze gibt, die wir bisher nicht auf dem Schirm haben. Übrigens, auch Negativkontrollen sind wichtig und sollten in ornitho eingetragen werden. Bitte geben Sie wann immer möglich auch das Alter der Vögel an. Aus dem Verhältnis von Alt- zu Jungvögeln sind möglicherweise Rückschlüsse auf den diesjährigen Bruterfolg möglich. Die aktuelle Verbreitungskarte zeigt, dass Mornellregenpfeifer fast überall in NRW auftauchen können. Und spannende Beobachtungen sind zu dieser Jahreszeit in der Feldflur nahezu garantiert. Viele andere Vögel ziehen nun durch und überfliegende rufende Stelzen und Pieper (inklusive Brachpieper) sowie durchziehende Greifvögel wie Weihen und Milane oder Falken wie Baumfalke, Merlin und Rotfußfalke werden immer wieder bei der Mornellregenpfeifersuche entdeckt.
Eine schöne Bestimmungshilfe für Mornellregenpfeifer gibt es hier; einen Überblick über die Herbstrast der Mornellregenpfeifer mit weiteren Hintergrundinformationen gibt es in diesem frei verfügbaren Falke-Artikel. Tonaufnahmen der Flugrufe gibt es z.B. bei xeno-canto.