Werden Vogelnester mehrfach verwendet?
Vögel legen Eier und das bringt einige Herausforderungen mit sich. Eier müssen ausgebrütet werden, sind zerbrechlich und bei vielen Arten sind auch die Jungen noch eine gewisse Zeit auf ein sicheres „Zuhause“ angewiesen. Viele Vögel brüten in Höhlen, australische Thermometerhühner lassen ihre Eier in der Erde in teils riesigen Bruthügeln ausbrüten, aber am bekanntesten sind natürlich freie von den Vögeln selbst gebaute Nester. Darunter sind die großartigen Konstruktionen von Webervögeln und Beutelmeisen, die unglaubliche Vielfalt der Nester der Töpfervögel in Südamerika mit ihren riesigen Stocknestern oder den namensgebenden lehmofenartigen Nestern. Wer im Winterhalbjahr in Park, Wald oder naturnahem Garten genauer in die unbelaubte Vegetation schaut, wird Vogelnester aus dem vergangenen Frühjahr und Sommer finden. Von den unordentlichen aus wenigen Zweigen bestehenden Taubennestern ist oft nicht mehr viel übrig, aber in der Hecke findet sich ein Grasmückennest, Amsel und Drosselnester und die Moosnester der Meisen in den Nistkästen sind auch noch zu finden. Werden Vogelnester eigentlich wiederverwendet? Ist doch Verschwendung jedes Jahr ein neues Nest zu bauen, oder?
Wie so oft ist die Antwort ja und nein. Die allermeisten Nester werden nur einmal genutzt. Selbst Spechte bauen in der Regel alljährlich neue Höhlen, auch wenn diese danach für andere Arten noch gut genug sind. Manche aufwändig gebauten Nester werden sogar gar nicht verwendet – Zaunkönige und Elstern haben mehrere Nester, gebrütet wird aber nur in einem Nest, beim Zaunkönig kann ein Spielnest aber auch zur Zweitbrut Verwendung finden. Bei Webervögeln bauen die Männchen zahlreiche Nester, die Weibchen begutachten diese und zerstören auch schon mal Nester, von denen sie nicht überzeugt sind und das Männchen beginnt von Neuem. Siedelweber bauen riesige Konstruktionen, die Nester, in denen die Vögel erfolgreich gebrütet haben, sind jedoch nach einer erfolgreichen Brut oft so stark beansprucht, dass eine weitere Nutzung oder Ausbesserung wenig ökonomisch erscheint. Außerdem besteht grundsätzlich die Gefahr, dass Prädatoren die Nester ausfindig machen. Eine Brut im Folgejahr an gleicher Stelle kann also mit Risiken verbunden sein. Alle, die schon mal Nistkästen kontrolliert oder gereinigt haben, wissen auch, dass es in Vogelnestern wimmeln und krabbeln kann. Manchmal findet man auch alte Eier oder tote Jungvögel. In genutzten Nestern kann also die Parasitenlast hoch sein und ein neues, frisches Nest kann die bessere Wahl sein.
Gleichzeitig nutzen aber auch viele Vogelarten ihre Nester mehrfach. Viele Greifvögel, aber auch Störche bauen auffällige, große Nester. Jedes Jahr wird weiter gebaut und es können riesige Gebilde entstehen, die hunderte Kilogramm wiegen können. Als schwerstes Nest gilt (laut Guinessbuch) das eines Weißkopf-Seeadler-Paares, das sechs Meter hoch, zwei Meter breit und mehr als zwei Tonnen gewogen haben soll. Viele Vogelarten nutzen bestimmte besonders gut geeignete Brutplätze über Generationen. Falken bauen zwar keine eigenen Nester, aber eine Brutnische auf Grönland wird seit rund 2.500 Jahren von Gerfalken besetzt – man weiß das, weil Guano und Ablagerungen mittels Radiocarbonmethode datiert wurden (Burnham et al. 2009, Ibis).
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