23.04.2025

Beobachtungstipp: Ankunft der Langstreckenzieher

Sumpfrohrsänger
Wird als einer der letzten Zugvögel bei uns ankommen: Sumpfrohrsänger (© Hans Glader)

In diesen Tagen kommen die Vögel in ihren Brutgebieten an, die einen besonders langen Heimzug hinter sich haben, die sogenannten Langstreckenzieher unter den Zugvögeln.

In den tiefen Lagen unseres Bundeslandes sind viele Bäume und Sträucher bereits fast voll belaubt, auch die späten Obstbäume blühen vielfach und der Vogelzug ist auf seinem Höhepunkt. Fast täglich kommen neue Brutvögel aus ihren Winterquartieren bei uns an. Es sind vor allem Langstreckenzieher, die den Winter südlich der Sahara verbracht haben. Zahlreiche Arten wie Nachtigall und Dorngrasmücke haben sich im Winter in der Sahelzone aufgehalten, wo die Tage länger waren, die Temperaturen höher und vor allem das Angebot an Insekten und anderen Wirbellosen auch in unserem Winter nicht versiegte. Waldlaubsänger und Kuckucke überwintern meist weiter südlich. Sie haben auf dem Heimzug eine eher westliche Route gewählt, andere Arten wie Klappergrasmücke und Neuntöter ziehen eher aus dem Südosten zu uns nach NRW. Nur ganz wenige Vogelarten wie die extrem seltenen und unregelmäßigen Karmingimpel haben den Winter in Südasien verbracht. Ende April und Anfang Mai ist außerdem eine gute Zeit, um Limikolen auf der Rast auf dem Weg in Tundra und Taiga zu beobachten. Manche Zugvögel verbringen dabei erstaunliche Leistungen. Ein Überblick über verschiedene Rekorde findet sich in unserer FAQ-Sektion, wo sich außerdem noch weitere Artikel dem Vogelzug widmen.

Die Ankunft der Zugvögel lässt sich detailliert auf ornitho.de verfolgen. Der Ankunft der Schwalben und des Mauerseglers sind bereits spezielle Karten gewidmet, so dass hier nicht mal eine eigene Abfrage notwendig ist. Wer den gesamteuropäischen Blick möchte, kann auf den animierten Karten des Eurobirdportals wochengenau verfolgen, wie die Wellen der Zugvögel in Europa ankommen. Wer selbst Vögel über ornitho.de meldet, trägt zu einem besseren Verständnis des Zuggeschehens bei und leistet bei der Meldung von Brutvögeln zudem einen wichtigen Beitrag für das aktuelle Brutvogelatlasprojekt ADEBAR 2.

Zugvögel sind aber auch besonders gefährdet und stellen meist einen hohen Anteil an den Arten der Roten Liste. Auch wenn Ursachen für Bestandsrückgänge oft im Brutgebiet zu finden sind, gibt es nicht zuletzt auch Bedrohungen im Winterquartier und auf dem Zug, die entscheidenden davon menschenverursacht. Lebensraumzerstörung findet dort ebenfalls statt, die Landnutzung wird intensiviert, Infrastruktureinrichtungen erhöhen die Gefahr von Kollisionen und hinzu kommt die legale und illegale Verfolgung. Die Bestände mancher europäischen Brutvögel hängen daher direkt von den Bedingungen im Winterquartier bzw. auf dem Zug ab. Regenfälle bedeuten hier meist eine höhere Nahrungsverfügbarkeit und damit eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit. Nach Dürrejahren in der Sahelzone gibt es dagegen auch in Mitteleuropa weniger Uferschwalben und Dorngrasmücken. Das Klima hat aber auch noch anderweitig Einfluss. Durch die Klimakrise kann das Timing durcheinandergeraten. Wie das geschehen kann, haben wir hier erläutert.

Übrigens, auch manche Seltenheit kann gerade im April/Mai bei uns beobachtet werden. So gibt es das Phänomen der Zugprolongation, bei der weiter südlich verbreitete Arten auf dem Heimzug über ihr Ziel hinausziehen und dann weiter nördlich beobachtet werden. Meist bleiben sie nur wenige Tage, andere können länger beobachtet werden und es ist wahrscheinlich, dass dieses Verhalten auch zur Ausbreitung mancher Arten über längere Zeiträume beiträgt. Wer die letzten Berichte der Avifaunistischen Kommission (AviKom) durchsieht, wird viele Beispiele finden. Seltenheiten sollten natürlich auch bei der AviKom dokumentiert werden.