04.01.2024

Seltenheit aus dem Gebirge: Mauerläufer in NRW

Mauerläufer
Mauerläufer am Drachenfels
(© Angelika Meister)

Wenn wir an seltene Vögel im Winter denken, ist es naheliegend, Besuch aus dem hohen Norden zu erwarten. In den letzten Wochen kamen z.B. Eistaucher, Seidenschwänze und Taigabirkenzeisige. Es gab diesen Winter bereits Beobachtungen seltener Enten wie Berg-, Trauer- und Samtenten. Aber eine besondere Vogelart begeistert seit einiger Zeit die „Birdingszene“ in NRW, die aus dem Süden kommt und dort eigentlich im Gebirge lebt.

Am 18. Dezember wurde ein Mauerläufer am Kuckstein bei Bonn-Oberkassel entdeckt, am 24.12. waren sogar zwei Vögel gleichzeitig dort. Am 27.12. wurde dann ein Vogel (mutmaßlich eines der beiden Individuen vom Kuckstein, aber so genau wissen wir das nicht) in den Felswänden des Drachenfels (Rhein-Sieg-Kreis) festgestellt. Auch heute wurde noch von beiden Orten je ein Vogel gemeldet. Beobachter:innen mit teils weiterer Anreise haben sich die Vögel mittlerweile angeschaut. Außerdem hält sich bei unseren Nachbarn in Rheinland-Pfalz an Burg Rheinfels in St. Goar seit dem 12.12. ein Mauerläufer auf. Es sind also mindestens drei Vögel, die das Mittelrheintal als Winterquartier ausgewählt haben. Berücksichtigt man die vielen Felswände, aber auch Burgen und Ruinen, stellt sich unweigerlich die Frage, ob wirklich alle Vögel entdeckt worden sind. Es kann sich dementsprechend lohnen, aktuell auch an ungewöhnlichen Plätzen die Augen auf zu halten. So ein Mauerläufer könnte vielleicht auch den Kölner Dom als Winterquartier wählen…

Mauerläufer sind Brutvögel der Gebirge. Sie brüten dort oft an unzugänglichen Steilwänden, teilweise in der Nähe von Wasserfällen. Sie sind ausgewiesene Felsspezialisten. Mit ihrem langen gebogenen Schnabel finden sie ihre Beute, kleine wirbellose Tiere wie Spinnen, Insekten und deren Larven in Felsritzen. Im winterlichen Schlichtkleid haben Männchen und Weibchen eine helle Kehle. Sie sind oft sehr aktiv, ständiges Flügelzucken ist recht auffällig. Dabei fallen auch die phantastischen rot-weißen Flügelabzeichen auf. Der Flug mit breiten Flügeln erinnert an einen Schmetterling oder vielleicht auch entfernt an einen Wiedehopf. Mauerläufer sind aber viel kleiner und in großen Feldwänden nicht immer leicht zu entdecken. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von den Pyrenäen über die Alpen, die Hohe Tatra, den Balkan, Kleinasien und den Kaukasus bis in die Gebirge Asiens. Im Winter sind sie zwar auch in tiefer gelegenen Bereichen zu beobachten, aber außerhalb des Alpenraums sind Beobachtungen in Mitteleuropa meist Ausnahmeerscheinungen. In NRW sind sie große Seltenheiten mit bisher 15 Meldungen, wobei in ein bis zwei Fällen dieselben Vögel betroffen sein könnten (Quelle: AviKom NRW 2017: Seltene Vögel in Nordrhein-Westfalen). Die wenigen Beobachtungen konzentrieren sich tatsächlich etwas auf das Mittelrheintal bei Bonn, es gibt aber auch Beobachtungen aus anderen Landesteilen, z.B. aus dem Sauerland, aber selbst aus Kleve oder von den Externsteinen gibt es je eine Feststellung.

Es bleibt abzuwarten, wie lange die Vögel noch ihr Winterquartier bei uns besetzen. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, ist ein Verbleiben bis in den März hinein nicht ganz ausgeschlossen. Wir bitten alle Beobachter:innen, sich streng an das Wegegebot zu halten und Rücksicht auf Vögel, Natur und Mitmenschen zu nehmen. Da Mauerläufer recht mobil sind, ist manchmal etwas Geduld erforderlich. Zwar gelangen auch Beobachtungen auf kürzeste Entfernung, aber oft ist ein Spektiv hilfreich und mindestens ein Fernglas erforderlich. Aktuelle Beobachtungen finden sich in der Regel bei ornitho.de. Beobachter:innen bitten wir, eigene Beobachtungen dort ebenfalls via ornitho.de zu melden (bitte gelben Gebietspunkt verwenden). Der Drachenfels hat ausgewiesene Parkplätze und ist auch in wenigen Minuten zu Fuß vom Bahnhof Rhöndorf erreichbar.